(PIAS/Rough Trade)
Public Service Broadcasting – die Band vom anderen Stern? Die Briten inszenieren sich live als verrückte Professoren an tollkühnen Maschinen, machen ihre Ansagen per Sprachprozessor und starteten 2015. auf „The Race For Space“ mit Kraut-Electronica, Samples statt Gesang und Uptempo-Hits wie „Go!“ oder „Gagarin“ ins Weltall. Ganz und gar irdisch zeigt sich hingegen das dritte Album von J. Willgoose, Esq. und Kollegen: Für „Every Valley“ zog es Public Service Broadcasting ins seit dem Niedergang des Kohlebergbaus strukturschwache South Wales. Die Londoner zeichnen mit verstärkt gitarrenorientierter Ausrichtung industriellen Aufstieg und Fall nach, lassen Einheimische zu Wort kommen und präsentieren ausschließlich walisische Vocal-Features von Manic Street Preacher James Dean Bradfield oder Tracyanne Campbell von Camera Obscura. Letztere singt bei der motorisch zwischen Appliance und Kraftwerk oszillierenden Single „Progress“, aber auch die Instrumentals „The Pit“ und „All Out“ erzählen mit dichten Arrangements eigene Geschichten aus der Region. Und heißt es zunächst „People Will Always Need Coal“, muss das niedergeschlagene „You + Me“ später erkennen: ‚Times are changing / Hope is fading fast.’ Und der Bergarbeiterchor von „Take Me Home“ wirkt am Ende wie ein Abgesang auf Tradition und althergebrachte Werte. Mit Sicherheit der beste musikalische Beitrag zum Thema seit „Shoulder To Shoulder“, dem gemeinsamen Album von Test Dept. mit dem South Wales Striking Miners Choir.
Thomas Pilgrim
Veröffentlicht: 07/2017
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