(Thischarmingman/Cargo)
Dies ist ein Satz, den ich höchstens einem geldgeilen Zahnarzt zugetraut hätte: Karies finde ich eigentlich ganz gut. Das Stuttgarter Post-Punk-Quartett klingt auf seinem zweiten Album ein wenig wie auf dem Debüt „Seid umschlungen Millionen“ – nämlich so, als wären die frühen Blumfeld ein bisschen maulfaul geworden. Denn die Texte sind wie im Song „Jugend“ auf zentrale Zeilen reduziert wie „Alles muss sich ändern, um zu bleiben wie es ist“. Auch die Musik, die stark von den wahrhaft wummernden Basslinien und den an den Nerven zerrenden Gitarren zehrt, ist immer sehr schnörkellos auf den Punkt und auf wenige musikalische Aussagen gebracht. Man hört der Band an, dass Kevin Kuhn von Die Nerven seine Hände im Spiel hatte, doch meint man auch das entfernte Echo von Bands wie Mutter oder den Fehlfarben zu vernehmen. Durch die Songs zieht sich ein unwiderstehlicher Bassgroove, der oft dominanter wirkt als die kurzen Gesangspassagen. Dass ein eigentlich alter Post-Punk- und Wave-Rock-Sound so jung und unverbraucht klingen kann, das ist schon ein Kunststück. Beste Zeile: „Alleine kann man schlecht pervers sein.“
Georg Howahl
Veröffentlicht: 12/2016
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