Puscifer „Existential Reckoning“
(Alchemy/Puscifer/BMG Rights Management/ADA Warner)
„Billy D ist spurlos irgendwo in den Hochwüsten im Südwesten der USA verschollen. Er trug nur eine Flasche Wein und einen geheimnisvollen Aktenkoffer bei sich. Sein Verschwinden verlangte von uns, die metaphorischen Myzelverbindungen zwischen Mathematik und Leidenschaft, Kunst und Ordnung sowie Hoffnung und Beweis zu erforschen.“ So die Ausgangslage des vierten Puscifer-Albums. Man könnte es sich einfach machen und sagen: Tool- und A Perfect Circle-Kopf Maynard James Keenan, der Puscifer zusammen mit Carina Round und Mat Mitchell seit 2007 betreibt, hat mal wieder einen Knall. Stimmt irgendwie auch – dessen ungeachtet ist der Longplayer mit dem wirren Überbau jedoch nicht nur vermutlich ein Riesenspaß für die Band, sondern auch ein groß(-artig) angelegtes Electro-Rockalbum, das weniger von Prog oder Alternative als von einer trippig-wuchtigen Nummernrevue hat. Das Trio bedient sich in den zwölf Songs zusehends brüchiger Rhythmen, die sich mal wie bei der Vorabsingle „The Underwhelming“ zu Ohrwürmern formieren, mal mit Round als stimmlichen Widerpart zu Keenan unheilvoll schabende Groove-Kartons zimmern. Stücke wie die Fake News-Schelte „Grey Area“ oder „Postulous“ docken bei Massive Attack, Deftones’ Schwarzlicht-Nebending ††† (Crosses) oder IDM an, und „Apocalyptical“ zitiert in den Vocal-Ad-Libs listig „Shut Up“ von den Black Eyed Peas. Das Ende mag dank Covid 19 und einer möglichen zweiten Trump-Amtsperiode nah sein – mit dieser hochwertigen Stunde Musik lässt sich aber auch das ertragen.
Thomas Pilgrim
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(aw)