Chaostar „The Undivided Light“
(Season Of Mist/Soulfood)
Um das Wichtigste vorwegzunehmen: Chaostar haben sich nach dem starken „Anomima“ aus dem Jahre 2013 nochmals gesteigert. Das Album fesselt von den ersten a cappella angestimmten Gesangspassagen der Ausnahmestimme Androniki Skoula und den auf dem Fuße folgenden treibenden Streicherarrangements über das zunächst an Massive Attack gemahnende Titelstück, das sich mit akustischem Schlagzeug und Bläsersounds in Soundtrack-Intensität hineinsteigert, bis zum epischen, zehnminütigen „Silent Yard“, in dem gegen Ende die E-Gitarre zum Einsatz kommt. Herausragend ist auch das experimentelle deutsch getextete „Blutbad“, das auf der Bühne eines Opernhauses bestehen könnte. Vielseitigkeit und Tiefe bestimmen das Geschehen inhaltlich wie klanglich. Vergleiche sind schwer zu finden. Zwischendurch kommen Gedanken an Dead Can Dance auf. Die haben in ihrem bisherigen Werk allerdings das modern kunstmusikalische Element ausgespart, das Chaostar einbringen wie Anleihen bei eingängigeren Songstrukturen. Das Ergebnis ist eine intensive und faszinierende Reise durch musikalische Welten, die den Horizont erweitert. Ja, die Musik der Griechen fordert die Aufmerksamkeit des Hörers. Sie tut dies allerdings nicht durch aufgesetzten Avantgardismus, sondern mit bewundernswerter Verführungskunst, die Momente der Irritation einschließt, einen am Ende aber glücklich und beseelt aus der meditativen Schlussnummer „Yin & Yang“ entlässt. Beeindruckend!
Christoph Kutzer
Rezension aus Sonic Seducer, Ausgabe 04/2018.