Nostalgie ist ein Schutzmantel, der dafür sorgt, dass es uns bessergeht. Das sagen zumindest Psychologen. Loreena McKennitt spannt diesen Schutzmantel aktuell weit auf: Mit ihrem Erfolgsalbum „The Visit“ ist sie auf Tour und plant weitere Konzertreisen durch die Vergangenheit. Parallel dazu erscheint mit „The Road Back Home“ ein Live-Album, das sie zurück zu ihren musikalischen Wurzeln im traditionellen Folk führt. Ein Fieldrecording sei es, sagt McKennitt. Spontan und auf die Schnelle aufgenommen, kein aufwendiges Live-Album wie damals in der Alhambra. Zehn Songs präsentiert „The Road Back Home“ – Mitschnitte von kleinen Folk-Festivals in Ontario, wo McKennitt zusammen mit der lokalen Folk-Band The Bookends im Sommer 2023 auftrat. Während die ersten Songs wie „Searching For Lambs“ oder „Mary And The Soldier“ noch vertraut nach Loreena McKennitt klingen, sind die Stücke im Laufe des Albums zunehmen folkig gewürzt und instrumentiert, ohne aber McKennitts Trademark-Sound zu vernachlässigen. Gegen Ende des Albums, wenn zunächst das Instrumental „Salvation Contradiction“ die Hörer in eine Folkwelt zwischen Vergangenheit und Gegenwart mitnimmt und dann „Sí Bheag, Sí Mhór / Wild Mountain Thyme“ als Höhepunkt mit mehrstimmigen Gesang Gemeinschaft beschwört, stellt sich sogar das Gefühl ein, das Loreena McKennitt als zentral für ihre eigene Nostalgie benennt: das gemeinsame Musizieren als ein Element, das Menschen verbindet – Musiker wie Hörer. So entlässt „The Road Back Home“ mit dem wohligen Gefühl, eingehüllt in den Schutzmantel der Nostalgie ein Stück einer vergangenen Zeit noch einmal erlebt zu haben.
Torsten Schäfer
