(Prophecy/Soulfood)
Tengil ist der Name des bösen Tyrannen in Astrid Lindgrens Roman „Die Brüder Löwenherz“. So sehr böse klingt die schwedische Kapelle, die sich nach dem Finsterling benannt hat, gar nicht. Doch es gibt eine andere Querverbindung: Tengil herrscht über eine Parallelwelt, die erst nach dem Tode betreten werden kann. Vom unvermittelten Hereinbrechen der Eröffnungsnummer „I Dreamt I Was Old“ bis zum letzten Ton ist auch „Shouldhavebeens“ in einem entrückten Paralleluniversum zwischen hier und dort, Traum und Wachen, Leben und Tod angesiedelt. Loops und Layers flirren und verschlingen sich ineinander. Die Gitarren zerfließen zu Klangfarbarrangements, während der Gesang oft aus der Ferne herüberzuwehen scheint. Das Schlagzeug operiert zwischendurch allerdings gar nicht so sphärisch, sondern sorgt punktuell für erdbebenartige Erschütterungen. Ist das noch Wohlklang oder schon Lärm? Es ist ein Ausloten von Grenzen. Tengil steigern ihren Spielrausch, bis es fast zu viel wird, und werden dann plötzlich wieder ganz intim, nehmen all den Wirbel zurück wie im Mittelpart von „And The Best Was Yet To Come“, der ein wenig an Radiohead erinnert, ehe sich Postrock-Gitarrenwände auftürmen und der ganze Wahnsinn von vorne losgeht. Das ist keine leichte Kost, dafür aber Musik, die inspiriert und, wenn man sich fallen lässt, bei jedem Durchlauf neue Bilder heraufbeschwört.
Christoph Kutzer
Veröffentlicht: 04/2018
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