Marsen Jules
„Shadows In Time“
(Oktaf/Kompakt)
Wer Marsen Jules’ Schaffen in den letzten Jahren verfolgt hat, dem wird nicht entgangen sein, welch wichtige Rolle die zeitliche Ausdehnung von Klang in seinen Kompositionen spielt. „Shadows In Time“ führt diesen Aspekt fort. Der rund 50-minütige Track basiert auf einer generativen Komposition, die – ausgehend von einem Satz an Regeln – immer wieder neue Varianten hervorbringt. Das starre Medium der CD kann dies formatbedingt nicht bewerkstelligen. Aus diesem Grund existieren 300 verschiedene Variationen unterschiedlicher Länge in Form von Flashspeichern. Für Anhänger des analogen Klangs gibt es zudem verschiedene Vinyleditionen in Kleinstauflagen. Als Inspiration für „Shadows In Time“ diente die Installation „1024 x 768“ des Medienkünstlers Johannes Franzen, bei dem hintereinander alle Pixel eines Bildschirms im Sekundentakt ihre Farbe ändern und im Laufe einer sehr langen Zeitspanne sämtliche Farbmöglichkeiten durchlaufen. Und so individuell auch jede der Farbkombination sein mag – am Ende bleibt nur ein Schatten von ihr in der Vergangenheit. Und was in Jules’ Komposition wie eine ständige Wiederholung von Klangwolken klingt, ist tatsächlich eine konstante Variation von Möglichkeiten: erhaben und schön.
Sascha Bertoncin