Xorcist „God“
(The CyberDen)
Kennt jemand noch Peter Stone alias Bat aus Kalifornien? Unter dem Namen Xorcist thematisierte der Amerikaner in den neunziger Jahren die Zusammenhänge zwischen Spiritualität und dem sich zu dieser Zeit gerade durchsetzenden Internet und kanalisierte sie in ausbalancierten Electro-Industrial mit Gothic-Image. Als ihn sein damaliges Label fallenließ, wandte sich Stone dem Ambient und der Produktion von Soundtracks zu, behielt die Body Music aber immer im Hinterkopf, wie sein erstes Album seit schlappen 20 Jahren zeigt. Und im Vergleich mit Klassikern wie „Soul Reflection“ verdeutlicht „God“, dass sich bei Xorcist gar nicht so viel verändert hat. Stone lässt sich nach wie vor nicht nur bei der Produktion jede Menge Zeit – auch der Opener „Heaven“ benötigt drei Minuten, um nach einem sphärischen Intro schließlich in kräftigen Schmatz-Beats, dicken Synthie-Bässen und ungerührter Vocoderstimme aufzugehen. Stilmittel, die „God“ in „Revolt“ und „Rise“ beibehält, was aber nur eine Seite der Veranstaltung ist: „I Fall Apart“ entwirft als ziemlich genaues Gegenteil eine hochmelodiöse Ballade mit gedrücktem, gänzlich unverfremdetem Gesang, immer wieder ploppen Elemente aus elektronischem Krautrock auf – vor allem in „L’Assassin“, einem kosmischen Hit, der wirkt, als hätten Kraftwerk beim Morgenspaziergang eine Coverversion von Front Line Assemblys „Gun“ ersonnen. Vielleicht kein allmächtiges, aber ein äußerst überzeugendes Album.
Thomas Pilgrim
Rezension aus Sonic Seducer, Ausgabe 04/2018.