Vita And The Woolf „Tunnels”
(Believe)
Das nennt man wohl gesundschrumpfen. Bei ihrer Gründung im Jahr 2012 zählten Vita And The Woolf aus Philadelphia, benannt nach der Liebesbeziehung zwischen den Schriftstellerinnen Vita Sackville-West und Virginia Woolf, sieben Mitglieder – inzwischen sind nur noch Keyboarderin und Sängerin Jennifer Pague und Drummer Adam Shumski übrig. Ein Line-Up, das für die sparsam instrumentierten, aber dennoch weit ausholenden Songs von „Tunnels“ vollkommen ausreicht: Den meisten Eindruck macht hier ohnehin Pagues voluminöser Gesang, der ein ums andere Mal wirkt, als würde Florence Welch gleich die Tür eintreten. Etwa im gravitätischen „Bury You“, das wiederholt halsbrecherische Stimmkapriolen vollführt. Shumskis Schlagzeug bildet dabei das bewegliche Rückgrat eines Sounds, der sich zwar ein ums andere Mal dem Pop-Appeal von Florence + The Machine annähert, sich der ganz großen Eingängigkeit aber standhaft verweigert: „Brett“ lässt sich beständig von analoger Elektronik und polternden Rhythmen aufrauen, die Singles „Feline“ und „Qiet“ gehen defensiver zu Werke, pflanzen dafür aber bezaubernde Melodien in detailfreudiges Midtempo. „My dancing days are gone“, seufzt Pague im vollmundigen Hit „Mary“ – die großen Tage von Vita And The Woolf könnten mit diesem Album aber gerade erst anbrechen.
Thomas Pilgrim
Rezension aus Sonic Seducer, Ausgabe 10/2017.