The xx „I See You”
(Young Turks/XL Recordings/Beggarsgroup/Indigo)
Hand aufs Herz: Irgendwie waren The xx ja immer schon auch eine Electro-Band. Auf dem Debüt klackerten schroffe Rhythmen durch „Heart Skipped A Beat“, „Swept Away“ vom „Coexist“-Album lebte von einem ungemütlichen Industrial-Beat – dazu kamen Jamie xx’ Dancefloor-Soloalbum „In Colour“ und Auftritte mit Jessie Ware, bei denen die Briten French Disco-Hits coverten. „I See You“ steht nun nicht nur für die wieder intensivierte Freundschaft von Jamie xx, Oliver Sim und Romy Madley Croft, sondern auch für die fast perfekte Kombination von bekanntem Stil und neuen Impulsen. Mit der beweglichen Vorabsingle „On Hold“ und dem scharfen, Trap-infizierten Opener „Dangerous“ führt sich Album Nummer drei nachdrücklich elektronisch ein, während „A Violent Noise“ seinem Titel zwar keine Ehre macht, aber dank an- und abschwellender Reverbs eine gereizte Unruhe ausstrahlt und die magische Ballade „Performance“ dem körperlosen „Coexist“-Opener „Angels“ in nichts nachsteht. Besonders Croft glänzt hier stimmlich. Die delikat zwischen Shoegaze und Tanzfläche schwebenden Songs „Say Something Loving“ und „I Dare You“ künden mit Zeilen wie ‚I’ve been a romantic for so long’ außerdem vom privaten Glück der frisch verlobten Gitarristin. So kann es weitergehen mit The xx – auch wenn die drei vermutlich beim nächsten Mal schon wieder ein ganz anderes Süppchen kochen.
Thomas Pilgrim
Rezension aus Sonic Seducer, Ausgabe 02/2017.