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Stephan Thanscheidt im Interview

Stephan Thanscheidt Interview2

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Wird es Konzerte und Festivals noch geben!?

Stephan Thanscheidt, Geschäftsführer der FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH, einer der größten Konzertagenturen Europas, die unter anderem das M’era Luna veranstaltet, gibt Sonic Seducer ausführlich Auskunft über die derzeitige Situation der Branche und welche Hoffnungen und Ideen es für die Zukunft gibt. Lest hier das gesamte Interview.

Ob die baldigen Impfmöglichkeiten etwas zum Guten ändern werden? Wie kaum eine zweite Branche hat der Kulturbereich unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu leiden. Insbesondere das Konzert- und Veranstaltungssegment sieht sich seit dem Frühjahr einem mehr oder weniger vollständigen Lockdown ausgesetzt. Dürfen Konzerte, wenn überhaupt, doch nur mit auf ein Minimum limitierter Besucherzahl und unter strengsten Hygiene- und Abstandsregeln stattfinden, was einen regulären Live-Betrieb quasi unmöglich macht. Stephan Thanscheidt ist CEO der FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH, einer der größten Festival- und Tourneeveranstalter Europas, der unter anderem Festivals wie das M’era Luna, Hurricane/Southside und das Plage Noire durchführt sowie europaweit das Booking für Bands wie Within Temptation, The Sisters Of Mercy, Dead Can Dance, Die Krupps, Evanescence, Apocalyptica, The 69 Eyes, Nick Cave, Deathstars oder Apoptygma Berzerk macht. Im Gespräch hat er uns ausführlich darüber Auskunft gegeben, in welchem Zustand sich die Livebranche derzeit befindet, welche Hoffnungen es für die Zukunft gibt und warum eine langfristige Perspektive für die Branche so wichtig ist.

Wie lässt sich der aktuelle Zustand der Liveentertainment-Branche beschreiben? Insbesondere beim zweiten Lockdown war der Aufschrei in der Kulturszene enorm. Fühlen sich die Kulturtreibenden als Bauernopfer?
 
Die Lage ist nach wie vor äußerst ernst, aber „Bauernopfer“ wäre das falsche Wort. Wir stehen ja genau wie zu Beginn der Pandemie für den Schutz der Bevölkerung ein und erachten die Maßnahmen in Anbetracht der pandemischen Entwicklung für angebracht. Gleichzeitig bedeutet das natürlich nicht, dass Kritik am Umgang mit dem oft unterschätzten Wirtschaftszweig der Veranstaltungsbranche unberechtigt ist. Unsere Kernforderungen sind heute wichtiger denn je: Finanzielle Hilfe, die auch wirklich ankommt. Ein deutschlandweit möglichst einheitliches Krisenmanagement. Und möglichst bald ein klarer Plan, unter welchen Umständen wann eine Rückkehr zur Normalität möglich ist. Dabei geht es nicht um eine genaue Zukunftsprognose, sondern um eine möglichst umfassende Exit-Strategie, die verschiedene Szenarien aufzeigt und Planbarkeit schafft.
Unsere Branche hat bereits bewiesen, dass wir Vorgaben zu Hygiene- und Abstandsregeln schnell und effektiv umsetzen können – Diese Kooperationsbereitschaft spüren wir mittlerweile auch immer häufiger in der Politik, mit der wir weiterhin im Gespräch bleiben müssen.    
 
Den Sommer über gab es einige Konzerte, vor allem kleinere. Größere Agenturen wie FKP Scorpio dagegen haben alle Shows abgesagt. Gefühlt war es ein ganz schönes Hin und Her mit immer wieder wechselnden Auflagen, spontanen Ansetzungen und auch immer wieder kurzfristigen Absagen. Hättet Ihr Euch rückblickend von der Bundes- und/oder Landesregierung eine bessere Planungssicherheit gewünscht?
 
Grundsätzlich haben wir Verständnis dafür, dass in dieser beispiellosen Ausnahmesituation nicht alles reibungslos verlaufen ist. Es stimmt aber, dass die Lage durch unsere föderale Struktur sicherlich komplexer geworden ist als unbedingt nötig gewesen wäre. Einheitliche Vorgaben sind und bleiben für uns zentral, aber ob wir in Deutschland künftig im Krisenfall zentralisierter agieren wollen, ist eine gesamtgesellschaftliche Frage, die ja schon lebhaft diskutiert wird.
 
Die Meldungen über die Entwicklung eines erfolgreichen Corona-Impfstoffes seitens der Firma Biontech machen Hoffnung, dass auch die Konzert-Branche 2021 wieder zur Normalität zurückkehren kann. Wie begründet ist dies?
 
Die bislang sehr guten Ergebnisse zweier Impfstoffe sind sicherlich ein guter Grund zur Hoffnung. Letztendlich hängt die Rückkehr zur Normalität aber nicht nur von der Wirksamkeit der Präparate ab, sondern auch vom Zeitpunkt, zu dem ein großer Teil der Bevölkerung Impfschutz genießt. Die Experten sind sich einig, dass dieser Prozess einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Eine weitere Variable ist die Risikobewertung und Entscheidungsfindung der Politik, die zum jetzigen Zeitpunkt unmöglich vorherzusehen ist.
 
Nun gibt es auch Stimmen, die in einem Impfstoff noch nicht wirklich eine Beendigung der Krise sehen, da nicht gewiss ist, wie schnell flächendeckend geimpft werden kann und ob die Wirkung dauerhaft ist. Wann rechnest du damit, dass wieder „Normalität“ eingekehrt ist? Wird es überhaupt wieder die alte „Normalität“ geben?
 
Wie gesagt ist es zu früh, den Zeitpunkt der Normalität einzuschätzen. Sicher ist, dass uns Corona auf unterschiedliche Art und Weise noch auf längere Zeit begleiten wird. Daran, dass sich früher oder später wieder Normalität einstellen wird, zweifle ich allerdings nicht.
 
Bieten bis dahin Schnelltests eventuell eine Übergangslösung?
 
Schnelltests können bei eintägigen Events ein sinnvolles Instrument sein.
 
Lassen sich diese ab einer gewissen Größenordnung von Veranstaltungen überhaupt noch durchführen? Und bieten Schnelltests überhaupt entsprechende Sicherheit, um auf Masken und Abstände zwischen den Besuchern zu verzichten?
 
Wir arbeiten derzeit gemeinsam mit Virologen, Medizinern und weiteren Experten branchenweit an Konzepten, die Festivals und Großveranstaltungen auch unter Pandemiebedingungen möglich machen können. Bis wir dazu mehr sagen können, kann es aber noch bis zum Frühjahr dauern.
 
Lässt sich, nach dem monatelangen Lockdown für den Bereich, der Kulturbetrieb überhaupt aus dem Stand wieder von 0 auf 100 hochfahren? Oder müssen hier zum Teil erst wieder neue Strukturen geschaffen werden?
 
Nein, jeder Tag kostet uns Zeit und viele Menschen in unserer Wertschöpfungskette auch ihre bisherige Existenz. Ein Neustart ist also nicht von heute auf morgen möglich, auch deshalb ist uns als Branche eine langfristige Perspektive so wichtig.
 
Wie können Konzerte – einen erfolgreichen Impfstoff vorausgesetzt – in absehbarer Zeit stattfinden? Nur mit Einlassbeschränkungen, umfangreichen Zugangskontrollen etc.?
 
Es scheint realistisch, dass Kontrollen und Einlassbeschränkungen für eine Zeit erforderlich werden – aber das lässt sich auch nicht auf alle Veranstaltungsformen verallgemeinern. Kleinere Formate werden so sicherlich schneller wieder möglich sein, wie es auch im Sommer der Fall war.
 
Welche neuen logistischen Herausforderungen bringt dies für die Branche mit sich?
 
Die logistischen Voraussetzungen für Zugangskontrollen oder eventuelle Schnelltests werden erheblich sein, sind aber derzeit noch nicht abzuschätzen. Auch das kann ein Punkt sein, der staatliche Unterstützung erforderlich machen wird.
 
Auch wenn ein Impfstoff die Hoffnung weckt, dass 2021 eine schrittweise Rückkehr zur Normalität möglich sein wird, könnte es für viele vor allen Dingen kleinere und privatwirtschaftlich betriebene Veranstaltungsstätten, Promoter, Festivals und Agenturen schon bald zu spät sein. Steht hier ein grundsätzlicher Wandel der Veranstaltungsbranche bevor? Oder ist eher so, dass kleine Konzerte einen Vorteil haben, da die Veranstalter flexibler sein können?
 
Beide Seiten der Argumentation sind plausibel und schließen sich ja auch nicht gegenseitig aus. Es ist ja auch nicht so, dass große Veranstalter nur große Konzerte machen – auch wir veranstalten beispielsweise sehr viele kleinere Formate in Clubs und anderen Venues. Das Wichtigste ist, dass „Große“ und „Kleine“ mit einer Stimme sprechen und wir geschlossen als Branche kommunizieren. Kultur kann nur so vielfältig und bunt sein, wie die Leute, die sie planen. Wir nutzen das Gewicht unserer Stimme und machen uns gerade an unterschiedlichen Fronten nicht nur für uns, sondern für alle stark – das versteht sich von selbst.
 
Siehst du hier auch einen Nachteil für kleinere Bands und Newcomer gegenüber etablierten Acts?
 
Nein, nicht zwingend. Die Linie verläuft wie gesagt nicht zwischen Groß und Klein, und auch für uns gehört die Nachwuchsförderung zu unserem Selbstverständnis. Die Vielfalt der Branche als Ganzes zu erhalten, damit Acts aller Größen ihre Bühnen wiedererlangen können – das ist die eigentliche Herausfordung.
 
Zwar sind seitens der Bundes- wie der Landesregierungen die ersten Programme zur Förderung und Unterstützung der Live- und Eventbranche angestoßen, die aber bei Weitem noch nicht ausreichend sind. Welche zeitnahen Unterstützungen sind hier dringend notwendig?
 
Das Förderprogramm „Neustart Kultur“ ist ein Anfang, auch die November-Soforthilfen und die darin enthaltenen zusätzlichen Gelder für kleinere Unternehmen und Solo-Selbstständige sind ein guter erster Schritt. Letztendlich benötigen wir vom Finanz- und Wirtschaftsministerium aber ein großes und nachhaltiges Förderprogramm für uns und ausnahmslos alle Unternehmen der Wertschöpfungskette, wenn wir die kulturelle Vielfalt in diesem Land wirklich erhalten wollen.
 
Was fehlt Dir ganz persönlich in Sachen Konzerterlebnis im Moment am meisten?
 
Das ist gar nicht leicht zu beschreiben. Live-Kultur fehlt auf so vielen Ebenen: Gemeinsam feiern, lachen und weinen – all das vermissen Leute gerade auf der ganzen Welt, und zwar vor, auf oder hinter der Bühne. Wenn mir eines klar geworden ist, dann, wie zentral gemeinsam erlebte Kunst für das Menschsein ist. Wir haben also einiges nachzuholen, wenn das alles irgendwann vorbei ist!

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Foto: Carsten Christians, Jörg Seiche

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