Scandroid „Scandroid”
(Fixt/H’ART)
Schon beim Blick aufs Cover und nach den ersten erhorchten Takten mag dem Hörer eine Vision vorschweben: Ah, es handelt sich um futuristisch wirkenden Electro-Pop! Oder zumindest um einen solchen, wie man ihn seit den Achtzigern als futuristisch einstufen mag: Tief verankert in der Synth-Wave-Tradition jenes Jahrzehnts, jedoch versehen mit Elementen, die seither immerzu Assoziationen mit Begriffen wie Zukunft, Maschinenwelt, Cyberspace und dergleichen erstehen lassen; und die Hauptkomponente dieser Elemente war und ist der Vocodereinsatz. Somit mag man dieses Projekt des US-Soundtüftlers Celldweller alias Klayton wohl mit Recht als Retro-Future-Konstrukt bezeichnen. Breitwand-Synthesizer-Figuren und 80er Basssequenzen ertönen, sogar die klassischen Simmons-Drums werden ausgepackt, dazu pompös wirkende Keyboard-Cluster; gekrönt wird alles durch energetische, melodiöse Vokalbögen, die manchem Hörer bisweilen als ein wenig zu leichtfüßig, zu gewollt lasziv erscheinen könnten. Der Song „Connection“ führt direkt zu den Neon-Tanzflächen des Jahres 1985; „Atom & E.E.V.“ hält eine Passage von Spandau Ballet-Reminiszenz parat; „Eden“ erprobt sich in Ultravox-1983er-Pathos; organischer wirkende Parts huldigen ein wenig der Arrangementästhetik eines Billy Idol („Awakening With You“); „Singularity“ mischt 85er Disco-Wave mit einer Prise 2001-Odyssee im Weltraum – und „Shout“, nun ja, ist eine Coverversion des 1984er Tears For Fears-Hits, die dem Original wohl kaum eine neue Facette hinzuzufügen weiß. Das Konzept nennt sich im Übrigen Neo-Tokyo und weist durchaus stilistische Konsequenz und schillernde Momente auf.
Kym Gnuch
Rezension aus Sonic Seducer, Ausgabe 12/2016.