Es ist erstaunlich wie bezeichnend, dass in Zeiten, in denen gestandene Männer so genannten Weiberelectro produzieren, es meistens Frauen sind, die sich trauen, sich mit teils vertrackten, meistens aber mutigen Alben aus dem Fenster zu lehnen, anstatt wie ihre männlichen Kollegen auf die sichere Schiene zu vertrauen. In diesem Sinne zeigt sich Frau Yendri auf „Fluch und Segen“ von ihrer besten Seite und schickt mit ihrer vierten Scheibe ein Album ins Rennen, das vor spielerischer Experimentierfreude zu bersten droht und dabei hin und wieder Gänsehautmomente heraufbeschwört, wie man sie das letzte Mal bei den längst hinter Glas aufbewahrten Genre-Ikonen gespürt hat. So kramt sie auf „We Are Everywhere“, das hier in den Versionen „east“ und „west“ vorliegt, eine Bassline raus, für die Mentallo & The Fixer ihre Ranch in Texas verkauft hätten, schichtet auf „So Far Away“ Spur über Spur wie Underworld zu ihren besten Zeiten, oder lässt den Hörer zu „Mya“ in Synthieflächen baden, dass dieser am liebsten sofort Feierabend machen möchte. Fluffige House-Einflüsse fanden auf „Fluch und Segen“ genauso ihren Weg wie dezente ethnische Perkussion, die den Sound geschickt anreichern ohne prätentiös zu wirken, oder auch mal räudig angezerrte Bässe, die dann wie in „City Of Despair“ ihren Dienst im Duett mit orientalisch angehauchten Flötensounds verrichten. Sehr ausgewogen ist die Balance zwischen arrangiertem Wahnsinn und versöhnlicher Harmonie, die das Album wohltuend von der Masse der auf zu glatt getrimmten Veröffentlichungen abhebt. Auch sehr schön: Für den durchaus radiotauglichen Mid-Tempo Groover „Society Of Burning Shrouds“ holt sie Michael Narcomey alias Invade als Gastsänger ans Mikro, und heraus kommt ein echter Ohrwurm mit Radioqualität, für den andere Musiker sich normalerweise eine nette weibliche Stimme ranholen müssen. Das ist echte Gleichberechtigung.
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