Saisonbeginn bei der Spielvereinigung Bayreuth: Joachim Witt leidet, schwelgt und knurrt wieder, und es ist – fast schon wie gewohnt – eine Freude, ihm dabei zuzuhören. War „Bayreuth eins“ ein finsterer Brocken schwermütiger Verzweiflung und der Nachfolger ein hoffnungsfrohes Frühlingserwachen mit erhobenem Haupt, läßt sich „Eisenherz“ nun nicht mehr eindeutig auf eine vorherrschende Stimmung festnageln. Zu diversifiziert gehen die neuen Songs zu Werke, angeführt vom Titelsong, der Rammsteins chartfähiger Industrial Metal-ü¤sthetik ein menschliches Antlitz verleiht. Witts Dramaturgie läßt dabei nichts zu wünschen übrig: Zunächst wird mit der todsicheren Single und der bombastischen Ballade „Wie oft muß ich noch sterbenü vorgeheizt, bevor dann ab der Mitte des Albums die an den Vorgängeralben geschulten Hörgewohnheiten gründlich vor den Briefkasten laufen. Im knorrigen Klopfer „Supergestört und superversaut“ läßt Witt NDW-Grenzdebilität und Body Music zu einem der durchgedrehtesten Texte sei „Mit Rucksack und Harpune“ aufeinanderprallen, und die bizarre Ballade „Ich bin schwul“, in der sich Witt in rosa Laken wälzt und die pseudo-obszöne Balz-Nummer „Steif“ machen kaum weniger Schrecken, bevor es dann im zweiten Teil des Albums wieder milder und naturverbundener wird. „Eisenherz“ bewegt gleichzeitig Seele, Hirn und Füße und hat die Schnüffelnase für grinsende Provokation, Dancefloor-Reißer und ewige Melodien stets vorn. Mehr Herz als Eisen.

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