Wire
„Nocturnal Koreans“
(Pink Flag/Cargo)
Wire haben’s mal wieder eilig – wie so oft in letzter Zeit. Die altgedienten Art-Punks, seit 2011 durch Jungspund Matthew Simms an der Gitarre verstärkt, veröffentlichen bereits ihr drittes Album im dritten Jahr hintereinander. Inwiefern es sich um ein reguläres handelt, ist nicht ganz eindeutig zu bestimmen: Die acht Stücke waren zunächst Überbleibsel aus den Sessions zu „Wire“ und wurden dann von Colin Newman höchstselbst klanglich aufpoliert und zugenäht – anders als die des Vorgängers, der mehr oder weniger live im Studio entstand und einiges von der Unbekümmertheit der frühen, punkigen The Cure hatte. Und so finden auf „Nocturnal Koreans“ Songs Platz, die auf „Wire“ fehl am Platze gewesen wären: etwa „Forward Position“, das mit unterschwelligen Drones und Akustikgitarren droht, oder das hypnotische „Internal Exile“, das an die diesige Bandphase Ende der Achtziger erinnert. Doch auch hier können Wire die Zähne zeigen, wie der sehnige Post-Punk des titelgebenden Openers beweist. „Numbered“ schiebt ebenfalls scharf sensende Gitarren und eine aggressiv kickende Rhythmusgruppe ins Bild und zitiert im Text listig den eigenen Klassiker „Three Girl Rhumba“ vom epochalen Debüt „Pink Flag“. Und da Wire es wie eingangs erwähnt eilig haben, ist der Spaß bereits nach 28 Minuten vorbei. Wenn zwischendurch mal eine halbe Stunde Zeit ist, sollte man diese also tunlichst mit „Nocturnal Koreans“ verbringen.
Thomas Pilgrim
Veröffentlicht: 05/2016