(Prophecy/Soulfood)
Wenn sich auf einem Album vier Stücke befinden, dann ist das ein sicheres Anzeichen dafür, dass die enthaltene Musik etwas ausladender ausfallen wird. Fragt sich nur: Frickelalarm oder Minimalismus, der langen Atem verlangt? Völur stehen weder für das eine noch für das andere. Das Trio setzt auf seinem Zweitwerk den mit „Disir“ eingeschlagenen Weg fort und wandelt auf den Spuren alter nordischer Mythen, etwa der isländischen Gísla-Saga. Musikalisch bedient sich die Band für ihre am ehesten als Doom einzuordnenden Kompositionen der unterschiedlichsten Stilmittel: Chöre lassen Gesänge aus dem osteuropäischen Raum anklingen, „Breaker Of Skulls“ stürzt sich aus erhabener Finsternis in gezielt chaotische Passagen, deren Atonalität an Schönberg erinnert. Die Geige von Laura C Bates flicht Folk-Elemente ein, ohne in Klischeegefidel zu verfallen. Ihr Spiel bricht durch das machtvolle Dunkel wie ein Glimmen aus der Ferne. Bedrohliches Bassknarzen und Schönheit umgarnen sich. Ruhepole wechseln mit Noise-Eruptionen. Das Ergebnis ist so individuell wie beeindruckend. Völur entwerfen mit modernen Mitteln archaische Klanglandschaften. Statt Fantasy-Heidentum zwischen Met und Hörnerhelm zu zelebrieren, nähern sie sich dem Lebensgefühl der „Ancestors“ in ihrer rauen Lebenswirklichkeit intuitiv und ohne zu verhehlen, dass der Rückblick aus dem Hier und Jetzt erfolgt. Ein Meisterwerk.
Christoph Kutzer
Veröffentlicht: 06/2017
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