Tricky
„Adrian Thaws“
(False Idols/!K7/Alive)
Jahrelang war Tricky im Hamsterrad der Musikbranche gefangen, musste ihren ungeschriebenen Gesetzen gehorchen. Eines davon: Lege mindestens zwei bis drei Jahre Pause zwischen deinen Alben ein. Diese Zeiten sind vorbei, seitdem er auf seinem eigenem Label veröffentlicht. So steht 16 Monate nach „False Idols“, von vielen als Comeback-Album gewertet, der Nachfolger „Adrian Thaws“ vor der Tür. Bedeutungsschwanger mit Trickys bürgerlichem Namen betitelt, sticht das Album vor allem durch die Vielzahl an Stilen hervor, die der ehemalige Massive Attack-Mitstreiter aufgreift. Von HipHop über Electro, housige Clubsounds bis Rock und Jazz, immer unterlegt mit Trickys Schlafzimmer-Raunen, lässt er keinen Stuhl aus und macht es sich überall bequem. So ist „Adrian Thaws“ vor allem eine Zeitreise. Durch Trickys eigene musikalische Genese, aber auch durch sein Potenzial als autodidaktischer Musiker. Mit dem London Posse-Cover „Gangster Chronicles“ verweist er auf seine Zeit mit Massive Attack, die aus dem Original das prägnante Sample für „Unfinished Sympathy“ zogen. Immer wieder greift er den frühen HipHop auf, der ihn in seiner Jugend prägte. Entsprechend hart und rau sind die HipHop-lastigen Songs „Lonnie Listen“ oder „Why Don’t You“ mit seinen schneidenden Gitarren, dem Breakbeat und Bella Gottis aggressiven Vocals. Geradezu cluborientiert gibt sich die Single „Nicotine Love“ mit Trickys aktueller Muse Francesca Belmonte am Mikro. Und auch die düsteren Momente vernachlässigt er nicht, wenn er auf dem bedrohlich groovenden „My Palestine Girl“ politisch wird. Die Vielfalt auf „Adrian Thaws“ ist aber auch die größte Schwäche des Albums, über das böse Zungen behaupten würden, Tricky habe sich verrannt. Positiv gesagt: Adrian Thaws ist ein komplexer Charakter.
Torsten Schäfer
Veröffentlicht: 09/2014