(Mute/Rough Trade)
Kunst ist Kampf und kämpfen konnten Throbbing Gristle besonders gut. Miteinander ebenso wie gegen die etablierten Hörgewohnheiten. Zwischen 1976 und 1981 veröffentlichten sie nicht nur eine Reihe epochaler Alben, die unter anderem Synthpop vorwegnahmen, sondern wählten einen unmittelbaren Ansatz für ihre Musik, die jedes Konzert zu einem Unikat machte. Neben Cabaret Voltaire, Monte Cazazza und SPK wurden sie zu den Urvätern des Industrial, allerdings nicht vom grimmig bollernden Powerelectronics-Techno für Tanzfreudige, sondern einer Musikrichtung, die höchst konzeptionell und innovativ mit Sounds und Subversion ästhetische Vorstellungen und künstlerische Wände einreißen wollte. Doch wenn vier starke Persönlichkeiten wie Genesis P-Orridge, Cosey Fanni Tutti, Chris Carter und Peter ‚Sleazy‘ Christopherson aufeinandertreffen, brodeln nicht nur die kreativen Energien, sondern prallen die Egos aufeinander. Dem Industrial-Krach folgte Zoff und die Trennung inklusive Post-Millennium-Reunion, die in noch böserem Blut endete. Für alle Spätgeborenen legt Mute Records in den nächsten Monaten den kompletten Backkatalog von Throbbing Gristle wieder auf. Den Anfang machen eine erweiterte Edition der Einsteiger-Compilation „The Taste Of TG: A Beginner’s Guide To Throbbing Gristle“ sowie das Debüt „The Second Annual Report“ und das höchst subversive „20 Jazz Funk Greats“. Auf CD mit weiteren Livetracks ausgestattet und für Sammlerherzen in farbigen Vinyl. Jedem Fan von Industrial Rock bis Electro Industrial, der bis dato Throbbing Gristle nicht kannte, sind die Releases wärmstens ans Herz gelegt. Denn alle Epigonen zusammen hatten nie die Durchschlagskraft wie Throbbing Gristle!
Torsten Schäfer
Veröffentlicht: 11/2017