The Vision Bleak
„The Unknown“
(Prophecy Productions/Soulfood)
Bereits das meisterhaft gestaltete Artwork des verdienten Dan Seagrave macht die Zäsur im Hause Schwadorf und Konstanz deutlich: Musikalisch eine Hinwendung zum Metal vollziehend, den inhaltlichen Fokus vom literarischen auf den individuell erfahrbaren Horror setzend, erweisen sich sämtliche Limitationen vorangegangener Konzepte als überwunden und gestrig. Überzeugter und überzeugender als je zuvor, versteht sich das Duo auf die Feinmechanik fernab sämtlicher Klischees und längst etablierter Baukastenelemente. Wo andere den Treibsand allen Seins mithilfe von Förmchen zu fixieren versuchen, erkennen The Vision Bleak den ständigen Wandel als Urgrund schöpferischen Handelns an. Unter ihren Händen gerät alles in Bewegung. Und stellt sich dabei sogar den Prinzipien der Simultanität. Das expressive Gut kanalisiert die stete Überforderung des Protagonisten und lässt dabei selbst jene Zweifel zu, die dazu angetreten waren, sich der Eindeutigkeit ihrer inneren Zerrissenheit zu entziehen. Derart ist es nun auch mit der Einordnung dieses zumindest für seine Schöpfer epochalen Albums bestellt: So es sich um einen Metal-Entwurf handelt, müssen schon Referenzwerke wie Tiamats „Wildhoney“ hinzugezogen werden, um die Dehnbarkeit des Begriffs einem Belastungstest zu unterziehen, der im Ergebnis die Stiftung Warentest auf den Plan rufen sollte: Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugegangen sein! Schwadorf und Konstanz halten diesem Verdacht gewiss einiges entgegen.
Stephan Wolf
Veröffentlicht: 06/2016