(Misery Guts Music/Cargo)
Drogen, Perversionen, Mord und Prostitution sind das Zeug, aus dem die Alben der Tiger Lillies sind. In der makaber-schrägen Welt des britischen Dark Cabaret-Trios geht es fröhlich düster zu, spritzt gerne Blut, das am bitterbösen britischen Humor abprallt. In den letzten zehn Jahren hatten sich die Tiger Lillies in ihrem nicht gerade kleinen Schaffensdrang mit oft mehr als zwei Alben pro Jahr auf Theaterproduktionen verlegt. Woyzeck, Hamlet, Goosebumps – um nur einige zu nennen. Doch mit „Cold Night In Soho“ kehren sie dorthin zurück, wo sie sich Ende der Achtziger gründeten. In die schummrigen Gassen Sohos aus vergangenen Zeiten. In denen es nach Urin stinkt, benutzte Spritzen achtlos in Pfützen liegen, in welchen sich die Neonreklame der Sex-Shops spiegelt. „Cold Night In Soho“ trifft auf all die kaputten Gestalten, die sich in Londons berühmt-berüchtigten Ausgehviertel einst tummelten. Alkoholiker in „Let’s Drink“, angehende und dauerhaft Abhängige im zynisch-genialen Frohgemut-Song „Heroin“ oder „Screwed Blues“ und die „Salvation Army“, die die verlorenen Seelen retten will. Alles verpackt in eine unglaublich starke Mischung aus traurigen Klavierballaden, schrägen Chansons mit Martyn Jacques‘ Falsett und den klagenden Lauten der Singenden Säge. Gewürzt mit dem theaterhaften Cabaret zwischen Weill und Vaudeville. Im titelgebenden Abschlusssong kulminiert die Hommage an Soho in einem epischen melancholischen Moment, der die Karriere des Trios zusammenfasst. Ein großartiger Abschluss eines ebenso großartigen Albums, das die Tiger Lillies nach zehn Jahren zweckgebundener Musik endlich wieder zu richtigen Songs zurückführt. Definitiv eins ihrer besten Werke!
Torsten Schäfer
Veröffentlicht: 03/2017
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