(Golden Antenna/Broken Silence)
Einen mentalen Läuterungsprozess – von der Erkenntnis bis zur Akzeptanz einer völlig isolierten Existenz – nachzeichnend, gelingt der Band um die Gebrüder Piotr und Albert Turek aus Colchester auf ihrem Zweitwerk eine erstaunlich anrührende Voyage Sentimental. Denn während das Debütalbum „12 Areas“ noch vermuten ließ, Telepathy würden Irrungen und Wirrungen auf ihrem Weg zum Progressive Post-Metal/Sludge eigener Prägung nur allzu gerne in Kauf nehmen, liefern sie auf „Tempest“ eine Präzisionsarbeit ab, die den Eindruck erwecken lässt, als könne der Hörer jede emotionale Regung des Protagonisten am eigenen Leibe dechiffrieren. Es handelt sich also um nichts weniger als große Erzählkunst, mit der die Briten ihre musikalischen Standpunkte zwischen Anspruch, Können und Cleverness ausformulieren. Und sich dabei weder in der Kategorie „Frickelfaktor“ noch in der Rubrik „Lärmderbheit“ auf einen längst überfüllten Wettbewerb einlassen. Sondern lieber ein Idiom bemühen, das – frei von protzigem Selbstzweck – dazu imstande ist, eine auch melodisch weit gediegene Palette des fein nuancierten Ausdrucks mit Leben zu füllen. Unterm Strich erzeugt „Tempest“ samt seiner prosaischen Veranlagung eine sympathetische und zugleich geradezu feinfühlige Empathie, wie sie in letzter Zeit etwa zahlreiche Vertreter des Postrock vermissen ließen. Derweil lässt das Artwork (Seana Reilly) nach der Vinylauflage verlangen.
Stephan Wolf
Veröffentlicht: 04/2017
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