Swans
„The Glowing Man“
(Mute/GoodToGo)
Michael Giras Ankündigung, mit „The Glowing Man“ und der sich anschließenden Welttournee die seit 2009 bestehende Konstellation der Swans aufzulösen, erweist sich als Maßnahme, um der Selbstwiederholung zu entgehen. Denn den monströsen Doppelalben „The Seer“ und „To Be Kind“ hat „The Glowing Man“ kaum noch etwas hinzuzufügen. Stattdessen wird in den hier vorliegenden zwei Stunden das für unmöglich Gehaltene wahr gemacht, das zuletzt Etablierte ein weiteres Mal verdichtet, mit editorischer Strenge kondensiert und ins Meta-Monumentale überführt. Das verzweifelte Kreisen um sich selbst, so schwitzt „The Glowing Man“ aus jeder Note, muss ein Ende haben. Wenn die Erlösung eines Tages noch gelingen sollte. Es ist jedoch nicht nur die Quintessenz aus sieben Jahren Swans, von der die neuerliche Definition von Intensität zehrt. Denn in schwelend ruhigen Passagen („The World Looks Red“, „When Will I Return“) zitiert Michael Gira recht unverhohlen sein Schaffen der zweiten Dekade, die mit „White Light From The Mouth Of Infinity“ einst ihren Anfang nahm. Der arrivierte Soundkosmos wird um Elemente erweitert, die auf Vergangenes verweisen. Der visionäre Blick bleibt somit verstellt. „The Glowing Man“ ist ein Album der Selbstbesinnung, nicht der Zäsur. Allein der abschließende Gospel „Finally Peace“ deutet die Vorfreude auf eine klarsichtige Zukunft an: Michael Giras prophetischer Élan vital war nie überzeugender.
Stephan Wolf
Veröffentlicht: 06/2016