(Season Of Mist/Soulfood)
Die unglaubliche Metamorphose der Isländer vom obskur-fähigen Viking Black Metal-Act zu atmosphärisch turmhohen Art Rock-Avantgardisten wurde zwar schon Mitte der 00er Jahre vollzogen. Und auch andere Bands entwickelten sich in ähnliche Richtungen – siehe vornehmlich Ulver oder auch Solefald. Doch das, was Sólstafir nachfolgend bis heute daraus machen, sucht auf der ganzen Welt seinesgleichen. Immer tiefer dringen die Musiker um Vokalist Addi zum natürlichen Kraftkern ihrer ureigenen, nordisch-spirituellen, landschaftlich-metaphysischen Visionen vor. „Berdreyminn“ macht genau da weiter, wo sie 2014. mit dem grandiosen „O´tta“ aufhörten. Lindernde bis gar heilende Melodien für Millionen, denke ich mir beim Sinnieren zu den ansteigenden psychischen Erkrankungen der Menschheit. Die hochgradig emotional geschwängerte Fusion aus melancholischem Post Metal, verzweifeltem Independent Rock und sphärisch-flirrend georgelten (psychedelischen) Synth-Weiten ist erneut so inniglich berührend, dass man als geneigter Hörer im Rotweinjunkie-Modus einfach nicht an sich halten kann. Und sodass man nicht nur beim letzten Song „Blafjall“ hemmungslos flennen möchte vor lauter begeisterter Ergriffenheit. Letzteres resultiert nicht zuletzt aus dem vielfach phänomenalen Gesang. Ja, wenn Addi den Mund hierauf aufmacht, dann geht dies nicht einfach nur ‚unter die Haut‘. Sondern der wunderbar undurchschaubare Tausendsassa bringt ein Herz, je nach dem Grad der Intensität seiner Darbietung, entweder zum fatalen Stillstand oder macht es zum leistungsfreudigen Schnellklopfer. Eine erneute Sternstunde des Genres.
Markus Eck
Veröffentlicht: 06/2017