Mick J. Harris zeigt sich weiterhin hyperaktiv, denn diese beiden Veröffentlichungen reflektieren nur einen Teil seiner Aktivitäten. Gemeinsam ist beiden Silberlingen, daß Menschen mit empfindlichen Magen besser Abstand von ihnen nehmen sollten. Denn das tragendes Element bei beiden ist der Baß, oder besser gesagt, die Baßfläche. Und jene Baßflächen sind bei Harris dermaßen ausgeprägt, daß der Genuß seiner Werke selbst bei zurückgeschraubter Lautstärke – entsprechendes Wiedergabegerät vorausgesetzt – nicht nur ein Ohrenschmaus, sondern ein in Mark und Bein spürbares Erlebnis ist. Seine Zusammenarbeit mit Sielwolf begann mit deren „IV“-Album, welches von ihm produziert wurde und zweifelsohne seine Handschrift erkennen ließ. Auf „V“ hat er sich nun schließlich verschiedener Sielwolf-Stücke angenommen und sie durch den Mischpult-Reißwolf gedreht. Das Ergebnis ist eine phantastische Reise in den Keller, wo über unendlichen Baßflächen Drumloops und allerlei Klopf- und Klappergeräusche erklingen. So würde es wahrscheinlich klingen, wenn ein Heizungsmonteur während der Arbeit seine Liebe zur Musik entdeckt. Oder um „V“ mit einem Wort zu beschreiben: Brilliant. / „Murder Ballades (Passages)“ ist die zweite Zusammenarbeit von Harris mit Martyn Bates, welcher zumindest Anne Clark Hörern kein Unbekannter sein sollte. Wie auch schon beim ersten Teil der Mord-Balladen vertonen die zwei auch diesmal vier traditionelle Texte über Mord und Totschlag. Während Bates mit seiner ein wenig an Ian Read (Fire & Ice) erinnernden Stimme den Texten Gestalt verpaßt, ist Harris für die akustische Untermalung zuständig. Und diese ist wie schon bei „Murder Ballades (Drift)“ streckenweise so reduziert, daß leicht Zweifel aufkommen, ob die CD überhaupt noch läuft. Harris konzentriert sich vollkommen auf seine dunkelgefärbten Drones, die derart warm klingen, daß ich mir nicht sicher bin, ob hier wirklich nur elektronisches Gerät zum Zuge kam. Nichts für den schnellen Verzehr nebenbei, wer jedoch genügend Zeit und Muße aufbringt wird mit einem spannenden Hörerlebnis nebst morbiden Text belohnt.
Veröffentlicht: 1997
1997 findest du Hier finest Sonic-Secucer Ausgaben aus dem Jahr 1997