Seasurfer
„Dive In“
(Membran/Soulfood)
Immer schön die Nebelmaschine anwerfen beim Musikhören? Das muss nicht sein – zumindest nicht, wenn sich Seasurfer im Abspielgerät befinden. Auf dem Debüt der neuen Band von Dark Orange-Mastermind Dirk Ritter geht es nämlich so diesig zu, dass es zuweilen schwerfällt, das Gehör zu fokussieren – und genauso soll es sein. Denn ist man in dieses Album erst einmal so tief eingetaucht, wie es der Titel verlangt, wähnt man sich augenblicklich in der goldenen Zeit des Shoegaze und Dreampop, als Bands wie Slowdive oder Cocteau Twins gewaltige Gitarrenwände auftürmten und dazu vorzugsweise engelsgleiche Stimmen in Hallbädern versanken. Da erstaunt es wenig, dass nicht nur das rötlich verschwommene Artwork Vergleiche mit My Bloody Valentines „Loveless“ zulässt: Auch die von sanfter Distortion und dissonanten Spitzen durchzogenen Songs schlagen in eine ähnliche Kerbe wie die seit letztem Jahr wieder aktiven Shoegaze-Wegbereiter. „We Run“ und „Winterblume“ begleiten per gediegenem Midtempo in ein visionäres Paralleluniversum, während Seasurfer in „Stay“ oder „Dragon Song“ auch einmal unvermittelt aufs Gaspedal treten, wobei die Stimme von Sängerin Dorian stets als beschwichtigendes Korrektiv fungiert. Gelegentlich aufblitzende Härtefälle werden von den eindrucksvollen Soundwällen augenblicklich absorbiert – die von der Band ausgegebene Devise ‚Dreampunk’ ist also wenigstens teilweise mit Vorsicht zu genießen. Ein Genuss ist „Dive In“ aber auch ohne Punk zweifelsohne.
Thomas Pilgrim
Veröffentlicht: 06/2014
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