(Prophecy/Soulfood)
Was tut man, wenn es im Sommer brütend heiß ist und die Kinder das Planschbecken besetzt haben? Eine besonders stilvolle Form, sich abzukühlen, ist in dieser Saison das Eintauchen in die erfrischende und anregende Wassermusik von Neun Welten. Streicherflächen laden dazu ein, sich treiben zu lassen, Westerngitarrenpickings perlen wie funkelnde Tropfen aus den Boxen, während die Lieder poetisch um Liebe und Tod kreisen. Wenn Meinolf Müller zu Beginn von „Cursed“ das Wort „Sorrow“ seufzt oder sich „Lorn“ am Ende mit Geigen und Chor ins Epische steigert, fühlt man sich an Empyrium erinnert. Insgesamt ist die Band auf „The Sea I’m Diving In“ aber sehr eigenständig unterwegs. Die Entscheidung, Inhalte durch (englische), teils von Edgar Allan Poe inspirierte Lyrics konkreter zu machen und insgesamt stärker auf Songstrukturen zu setzen, erweist sich als goldrichtig. Dass der Zauber früherer Veröffentlichungen trotz des Einsatzes von Synthesizern und E-Gitarren erhalten bleibt und der Mut zu mehr Greifbarkeit nicht in Verflachung, sondern in größerer emotionaler Nähe zum Hörer gipfelt, zeugt vom Feingefühl der Musiker. Nie klangen die Leipziger zwingender. Vielleicht waren all die Jahre des Wartens und Ringens nötig, um zu solcher Intensität zu finden. Wer sich vorbehaltlos in diese Klänge fallen lässt, dem sei hiermit eine wohlige Gänsehaut garantiert.
Christoph Kutzer
Veröffentlicht: 07/2017
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