Murmansk
„Rüütli“
(Around Your Neck/Rough Trade)
Falls jemand nicht weiß, wofür er sich hier die Zunge verknotet: Diese Band aus Helsinki hat sich nach einer Hafenstadt auf der russischen Halbinsel Kola benannt. (Gut, der leicht derangierte Herr auf dem Cover wird vermutlich Hochprozentigeres zu sich genommen haben.) Und weiß man, dass besagte Halbinsel an Finnland grenzt, erklärt das immerhin, wie Murmansk auf ihren Namen gekommen sind. Um die Verwirrung komplett zu machen, heißt ihr drittes Album überdies wie ein Politiker aus Estland. Die Musik jedoch ist verständlicher als solche Verwicklungen, wenn auch nicht die leichteste Kost. Wie der Vorgänger „Eleven Eyes To Shade“ enthält „Rüütli“ hochkomplexe Songs, die sich anspruchsvolle rhythmische Strukturen und waghalsige Gitarrenausbrüche zunutze machen. Dazu sticht die Stimme von Sängerin Laura stets auf den Punkt, wenn sie von „Hungry Hippos“ oder einem „Meeting With The Oracle“ erzählt. Neben vielzitiertem Shoegaze steckt in den elf Stücken mindestens genauso viel aggressiver Indie-Rock mit noisigen Gitarren-Freakouts, die zielsicher Handkantenschläge austeilen, statt Teppiche aus weißem Rauschen zu verlegen. „Peel“ droht gar an Lärm zu zerplatzen, ehe die Single „123.4“ dieses knurrig rotierende Album wieder ein wenig herunterstutzt. Ob erwähnter Titel nun an die Gesamtpunktzahl eines finnischen Skispringers bei der letzten Vierschanzentournee erinnern soll, ist nicht überliefert – wohl aber, dass „Rüütli“ jede Menge planvolles Getöse veranstaltet.
Thomas Pilgrim
Veröffentlicht: 02/2014
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