Misses Next Match
„Für Leute die schon alles haben“
(BSR/Broken Silence)
Warum Das Auge Gottes mir als erstes in den Sinn kam, nachdem ich die Play-Taste meines CD-Spielers betätigt hatte, weiß im Idealfall der Himmel. Die markante Stimme des Sängers und die kratzigen Gitarren könnten Gründe dafür sein. Noch besser gefallen mir die ironischen, bisweilen sarkastischen, wahlweise rebellisch, skurril oder avantgardistisch klingenden Untertöne in den Texten. „Die Falschen machen immer alles richtig“ und „Die Ewigkeit ist viel zu lang, besonders gegen Ende hin“ sind so zwei Beispiele. Leute, die schon alles haben, haben möglicherweise auch mehr Zeit als andere, um über den tieferen Sinn solcher Botschaften nachzudenken. „Heut hat die Seele Wandertag“, also mache ich mir einfach mal die Mühe. Ist gar nicht so einfach, wie sich herausstellt. Da steht also „Ein Bau aus Angst und Hoffnung“, in dem ein „Superheld“ und „Ein ganz normaler Jugendlicher“ residieren. Beide spielen ein „Kleines Solo“ von Erich Kästner und drücken anschließend „Immer auf Repeat“. Was dabei herauskommt, ist intelligenter Wortwitz in elektronischer Indie-Verpackung, gepaart mit bärbeißigem Charme und aufgeweckter Singer-Songwriter-Ästhetik („Ich liege im Trend“). Wer alles besser weiß, der muss das nicht für sich behalten. Kurz gesagt: „Für Leute die schon alles haben“ ist ein Volltreffer, ein starkes Album. Eine Quelle inspirierender Alltagsweisheiten und ein zielgerichteter Schlag mitten hinein in die hässliche Fratze der multimedialen Verblödungsindustrie. Auf geht’s, „Let’s Dance“!
Kai Reinbold
Veröffentlicht: 07-08/2014
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