Wer nach der Veröffentlichung von „Electroretard“ letzten Monat bereits wieder mit Entzugserscheinungen in Sachen Melvins zu kämpfen hat, kann mit den vier aktuellen Veröffentlichungen zumindest für einige Zeit die Sucht befriedigen, wobei Hardcore Melvin Junkies beachten sollten, daß es sich nicht um neuen Stoff handelt. „Gluey Porch Treatments“, das Melvins Debüt aus den mittleren 80’ern wurde für die Neuauflage um lesenswerte Linernotes und 12 Demo-Tracks aus der elterlichen Garage ergänzt und freundlicherweise nicht des originalen Bandphotos, welches Dale Crover als Hape-Kerkeling-look-a-like zeigt, beraubt. Die anderen drei Alben stellen natürlich die berühmt-berüchtigte Melvins Trilogie vom letzten Jahr da, die nun erstmals offiziell auch hierzulande zu haben ist. Auf „The Maggot“ zeigen sich die Drei von ihrer schwermetallischen Seite, natürlich nicht ohne dabei das eine oder andere Klischee auf’s Korn zu nehmen. Etwas smother fällt hingehen der zweite Teil „The Bootlicker“ aus, um dann das Feld für „The Crybaby“ zu räumen. Dieses Album dürfte für die Melvins ein lang gehegter Traum gewesen sein, geben sich hier doch ihre Helden ein Stelldichein, um gemeinsam mit ihnen zu musizieren: Leif Garrett intoniert den größten Hit einer nicht gänzlichen unbekannt gebliebenen Kapelle, deren Sänger und bekennender Melvins-Fan sein Heil in einer Ladung Schrot suchte. Gemeinsam mit Pain Teens Peitschenschwingerin Bliss Blood und Jesus Lizard’s David Yow entstanden zwei mehr als finstere Todes-Hymnen, die so mancher Deathrock-Kapelle auch mehr als gut zu Gesicht stehen würden. Hank Williams III bleibt der Tradition seines Namens treu, Mike Patton ist wie gewohnt außer Rand und Band und Foetus und Tool schauen auch vorbei. Und wenn Brutal Truth’s Kevin Sharp als Gast einer fiesen Lärm-Orgie die Platte ausklingen läßt, weiß man, warum die Melvins eine einmalige Band sind.
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