(Mute/PIAS/GoodToGo)
Wo kann man hier eigentlich heiraten? Scheint Angus Andrew zu fragen, während er vom Cover im Hochzeitskleid den Betrachter anglotzt und sich offenbar ziemlich einsam vorkommt. Haben sich doch seine beiden ehemaligen Mitstreiter Julian Gross und Aaron Hemphill schon seit einiger Zeit verabschiedet, sodass der inzwischen wieder in der australischen Heimat gelandete Andrew das achte Liars-Album weitgehend im Alleingang aufnahm. Die schnittige Techno-Power des letzten Longplayers „Mess“ hat er dafür offenbar in Los Angeles zurückgelassen, und auch der knochenbrechende Noise-Rock aus den Anfängen der Band ist keine Option. Stattdessen windet sich Andrews stets etwas somnambul vor sich hinbrabbelnde Knarz-Stimme um bewusstseinserweiternde Akustikgitarren-Miniaturen wie „The Grand Delusional“ oder „No Help Pamphlet“, bei denen man jeden Moment eine vernichtende Lärm-Eruption erwartet. Doch hat sich was: Statt Krach wartet mit „Cliché Suite“ eine verstrahlte Surf-Rock-Umdeutung, und „Staring At Zero“ humpelt zum denkbar discofernsten Electro-Groove auf einem Bein durch den Busch. Aber das kommt davon, wenn man zu viel LSD in den Teig für die Hochzeitstorte rührt. Kein Stück abbekommen? Macht nichts – man führe sich stattdessen dieses hinreißend verpeilte Album zu Gemüte. Und schon ist die Welt viel bunter.
Thomas Pilgrim
Veröffentlicht: 09/2017