(Lea Porcelain Records/Rough Trade)
Aus Offenbach in die weite Welt – keine Sorge, Skandal-Rapper Haftbefehl will nicht etwa Bundeskanzler werden. Die Rede ist vielmehr vom Duo Lea Porcelain, das nach einem Umweg über London inzwischen in Berlin ansässig ist. Dort feilten Julien Bracht und Markus Nikolaus zwei Jahre lang an ihrem Debüt, dessen Titel ein wenig in die Irre führt: Beide hatten vom Nachtleben der britischen Hauptstadt nämlich die Nase voll, als sie die Songs für „Hymns To The Night“ ersannen. Seit den ersten Vorabtracks überschlagen sich nationale und internationale Presse – zu Recht angesichts gedrückt elektronisch schiebender Stücke wie „Out Is In“ oder „Bones“, nach dem man sofort „Fifty On Our Foreheads“ von White Lies herauskramen möchte. Und auch in der Folge treiben die zwei ein delikates Spiel mit Post-Punk, düsterem Shoegaze und Albtraum-Pop. „Warsaw Street“ klingt im Titel nach der Joy Division-Keimzelle und musikalisch mit rollendem Basslauf und knurrenden Keyboards nach The Cures „Disintegration“, „A Year From Here“ scheint schon in den Startlöchern für die Nachfolge der mehr oder weniger aufgelösten The Blue Angel Lounge zu stehen. „Similar Familiar“ empfiehlt sich hingegen für schwarzbelichtete Hipster-Tanzflächen, bevor eine zarte Klavierballade ausgerechnet „White Noise“ heißt. Man sieht, vorhersehbar ist auf diesem so facettenreichen wie geschmackvoll dunklen Album nichts. Außer vielleicht, dass Lea Porcelain schon bald eine ziemlich große Nummer sein könnten.
Thomas Pilgrim
Veröffentlicht: 06/2017
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