Lacuna Coil
„Delirium“
(Century Media/Sony)
Mit dem achten Studioalbum beweist der italienische Alternative Metal-Act Lacuna Coil, was für eine gestandene Größe er ist. Während man sich auf den früheren Alben wie „Dark Adrenaline“ oder „Karmacode“ um eine gewisse düstere Radiotauglichkeit bemühte, schert sich „Delirium“ herzlich wenig darum, die breite Menge zu erreichen. „Delirium“ ist mit seinem Schauplatz eines dunklen und gespenstischen Sanatoriums ein Album, das sich thematisch den Höhen und Tiefen des Lebens stellt und deutlich härter daher kommt, als man es als jahrelanger Fan der Band erwarten würde. Schon der Opener „The House Of Shame“ explodiert regelrecht in den Ohren des erstaunten Hörers und gibt die härtere Gangart klar vor. Mit dem Titeltrack besinnt man sich auf die eigene Stärke, die Zerbrechlichkeit des Lebens mit bittersüßen Melodien zu versehen. Mit „Blood, Tears, Dust“ werden gekonnt elektronische Elemente platziert, die dem Song eine gewisse Kälte einerseits, doch eine klar der Gegenwart zugerichtete Aura verleihen. In „Downfall“ ist die bezaubernde Frontfrau Cristina Scabbia mit ihrer fantastischen Stimme zentral und zeigt, wie sehr sie sich stimmlich seit den Anfangstagen weiterentwickelt hat. Spätestens bei „Take Me Home“ erlebt man durch den verloren wirkenden Chor von Kinderstimmen, dass Lacuna Coil auf dem neuen Album keine eindimensionalen Zugänge zu ihren Songs erlauben. Die Vorstellung, unterwegs zu sein, ohne den Ausgang der eigenen (mentalen) Reise zu kennen, wirkt wie eine Frischzellenkur, die auch aus „Ghost In The Mist“ dynamisch rausgehört werden kann. Mit „My Demons“ und dem gänsehauterzeugenden „Broken Things“ erlebt man Scabbia und Ferro in besonders gereifter Weise, da beide Songs klar machen, dass das Leben nach vorne gelebt werden muss, ganz gleich, ob einem in der Gegenwart gefällt, was man vor Augen hat. Den Hörern dürfte das spannende dunkle Scheibchen mehr als gut gefallen.
Medusa
Veröffentlicht: 05/2016