Es ist herrlich, mal wieder bei einer Veröffentlichung von Klinik eine Trompete im Intro zu vernehmen, das weckt Assoziationen mit den späten Achtzigern, als der elektronische Markt noch überschaubar war, (The) Klinik zusammen mit den üblichen Verdächtigen Front, Nitzer, Puppy und FLA die Spitze des Genres bildeten und als tatsächlich mit jeder ihrer neuen Veröffentlichungen Innovatives aus dem Untergrund heraus geschaffen wurde. Marc Verhaeghen versuchte zwar auch nach der Trennung von Dirk Ivens vor zwölf Jahren in regelmäßigen Abständen die Vorreiterstellung von Klinik zu bewahren, nennenswerte Erfolge erzielte er dabei leider nicht. Bei den nachfolgenden kalten Slow- bis Midtempo-Stücken im typischen Gewand fehlte es an beklemmender Irrenanstalt-Atmosphäre oder der Gesang störte, die ersten Basteleien mit Dance und Techno scheiterten an Abwechslungsarmut und nicht vorhandener Zielgruppe. Die längere Pause hat jedoch hörbar Gutes bewirkt, denn zusammen mit dem neuen Projektpartner Nicanor wird so viel kreatives Potential versprüht wie bei keinem Klinik-Album mehr nach dem Split, Nach zwei Minuten ist die Trompete verstummt und der anfängliche Anflug von Nostalgie versickert im peitschenden Geblubber von anscheinend hundert Maschinen, bevor ein klares Bild von Klinik im neuen Jahrtausend entsteht. Minimale Elemente treffen spacige Sounds, Bleeps und Frickel, Samples und Industrial- immer gepaart mit groovend pulsierenden Beats. Clubsound und der eigene Stil werden hier spielend neu erfunden, Grenzen scheint es dabei nicht zu geben. Besonderen Eindruck hinterlassen die superdichten Techno-Exzesse „Yell“ und „Zeptepi“, die gleich einem Sog aufgeschlossene Hörer in hypnotische Hardtrancewelten ziehen und den Griff zur Repeat-Taste nur schwer unterbinden. Das ist ein wirklicher Neuanfang für eine der wegweisendsten Electro-Doktoren und im Rahmen dieser Therapie lasse ich mich gerne behandeln.
Veröffentlicht: