(1965/[PIAS] Cooperative/Rough Trade)
Es gibt Musikerinnen, die nicht in erster Linie als solche wahrgenommen werden. Nehmen wir Karen Elson. Die breite Masse kennt sie entweder als Model oder als Ex-Frau von The White Stripes-Mann Jack White, der ihr Debüt „The Ghost Who Walks“ produzierte – es geht die Sage, dass das frisch getrennte Paar anlässlich seiner Scheidung gemeinsam eine rauschendere Party schmiss als bei der Hochzeit. Womit wir uns genug am Gossip über die in Nashville residierende Britin beteiligt hätten und endlich auf ihr zweites Album kommen können. Das gibt nämlich auch ohne den früheren Gatten an den Reglern ein herrlich detailfreudiges Stück Singer-Songwriter-Folk an der Schnittstelle von Indie und Americana ab – zahlreiche namhafte Gäste wie Patrick Carney von The Black Keys oder die Britin Laura Marling inklusive. Schon der Opener lässt keinen Zweifel daran, dass Elson hier aus dem Vollen zu schöpfen gedenkt: Geschwind gespielte Harfe, ausladendes Flötensolo und allerlei kleine instrumentale Gimmicks lassen „Double Roses“ mit „Wonderblind“ sofort zur Sonne dringen. Das in der Tradition berufener Kolleginnen wie Chan Marshall alias Cat Power oder Alela Diane stehende Titelstück und das Country-lastige „Million Stars“ zockeln nicht weniger reizend hinterher, und hebt ein Song wie „Why Am I Waiting?“ minimalistisch an, muss man immer mit einem unverhofften Ausbruch rechnen. All das ist Grund genug, Karen Elson endlich in erster Linie als Musikerin wahrzunehmen.
Thomas Pilgrim
Veröffentlicht: 04/2017
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