Johnny Cash
„Out Among The Stars“
(Columbia/Legacy/Sony)
Posthume Alben riechen immer etwas komisch. Das liegt sicher nicht daran, dass der Künstler längst in der Kiste schmort. Vielmehr ist es der Geruch der Gier, der solchen Werken anhaftet. Veröffentlichungen, die die Frage aufwerfen, wie weit man gehen darf, um die Kuh nach ihrem Tod noch zu melken. Das moralische Dilemma steht bei „Out Among The Stars“ im Raum. Vom Titel her werden die Transzendenz und Jenseitigkeit schon angedeutet, die den Aufnahmen aus den Jahren 1981 und 1984 eine besondere Aura verleihen sollen. Die Legendenbildung rund um die Songs hält sich erfreulicherweise in Grenzen, sie wurden bei der Archivkatalogisierung ausgegraben und u.a. mit John Carter Cash und Carlene Carter ausproduziert. Weshalb die Aufnahmen in der Zeit ihrer Entstehung nicht das Licht der Welt erblickten, ist hingegen nicht überliefert. Vielleicht war der „Man in Black“ nicht zufrieden mit ihnen? Vielleicht weigerte sich das Label angesichts des verblassenden Ruhms des Country-Stars? Die Songs selber liefern keine Antwort darauf. Qualitativ handelt es sich zumindest um gutes Material. Nicht das beste Cashs, doch mehr als solide. Schön herausgeputzt, damit man ihm die 30 Jahre, die es auf dem Buckel hat, nicht anmerkt. Gleich drei Duette, zwei mit Gattin June Carter Cash und eins mit Outlaw Waylon Jennings, sind zu hören, die zu den besten Momenten des Albums gehören, ebenso wie die Balladen „She Used To Love Me A Lot“ und „After All“, die schon leichte Züge der „American“-Melancholie tragen. Mit „I Came To Believe“ ist ein alter Bekannter dabei, der aber nicht an die gebrochene Intensität der Version auf dem ebenfalls posthum erschienenen „A Hundred Highways“ heranreicht. Als Lebenszeichen aus dem Jenseits hört man „Out Among The Stars“ dennoch gerne, auch wenn die Songs den Verlust des genreübergreifenden Musikers schmerzlich bewusst machen.
Torsten Schäfer
Veröffentlicht: 05/2014