Review
Artist: H.I.V.+
Titel: Censored Frequencies - Other Mystic Territories
- Artist: H.I.V.+
- Label/Vetrieb: Divine Comedy Records
Viele werden kennen, was das Hören fett produzierten, atmosphärisch dichten aber hammerharten Electro-Industrials hinterlassen kann: Ein dumpfes oder taubes Gefühl, leichte Verstörung und schwer definierbare Euphorie. Nicht anders ergeht es einem bereits nach einmaligem Konsum dieses klanggewordenen Wahnsinns auf zwei CDs im Digipack. Während H.I.V.+ bisher einfach für gut gemachten, gewalttätigen Noise stand, bringt das Kolaborat auf CD 1 mit Wired Brain, einem Projekt, mit dem das H.I.V.-Mastermind Pedro Peüas Robles schon früher gearbeitet hat, ein schlichtweg unglaublich infernalisches Bollwerk aus elektronischem Krach, der Realität entrückten Scapes, sägenden Gitarrensounds und irren Artikulationen menschlichen Ursprungs an den Tag, für dessen genauere Umschreibung unser Sprachschatz kaum passende Worte bietet. Selbst den Electropuristen bleibt keine Wahl- die derbst niederschmetternde Wirkung ist zum Großteil auf den Einsatz der Gitarre zurückzuführen, die nicht wie beispielsweise auf Front Line Assemblys „Millennium“ die Funktion eines Sequencers einnimmt, sondern mit starken Hall- und Breiteneffekten versehen zusätzliche Klangtiefe und Dunkelheit heraufbeschwört. Bei genauem Hinhören werden geschulte Ohren zwar den ein oder anderen geklauten Ton aus dem super-komplexen Gerüst herausfiltern, bei dem sogar Depeche Mode herhielten, aber die herausragend einfallsreiche Art der Umsetzung läßt sich unmöglich mit bereits bekanntem vergleichen, so viel ist sicher. Die zweite CD birgt vielleicht weniger ü£berraschungen und verfolgt in etwa die grobe Richtung des vorangegangenen Albums „Abstract & Harsh Ironworks“, stellt jedoch trotzdem ein grandioses Erlebnis in Klang und Wirkung dar. Den Schwerpunkt bildet dabei abwechslungsreicher Industrial-Noise mit häufigen Tempowechseln, Breaks, Einflüssen aus Drum ’n Bass und Techno, gewitzten Samples und hier und da integrierten Vocals mit Heavy Distortion. Für zusätzlichen Glanz sorgen Remixe von beispielsweise Sonar, E.S.R., Mimetic, Komplex oder Lith, die jeder für sich Arbeiten in Bestform abliefern. Ich weiß, daß auch Mittelmaß häufig in den höchsten Tönen gelobt wird und die Ernüchterung folgt, und deshalb betone ich aufgrund der hierzulande wohl schwierig zu erlangenden Möglichkeit, vor dem Erwerb in diese CDs reinzuhören, noch einmal deren Ausnahmestellung und empfehle Industrial-Gourmets ausnahmsweise den Blindkauf. Sollte es anschließend tatsächlich Beschwerden geben, würde ich stark an meiner Kompetenz zweifeln.
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