Review
Titel: Plagueboys
- Label/Vetrieb: Century Media
Dass sie ihren heruntergekühlten Post-Punk und eiskalt servierten Death-Rock mit großen Melodien zu kombinieren vermögen, haben die Finnen mit Krachern wie „Be My Hiroshima“ bereits in der Vergangenheit bewiesen. Das überraschende an „Plagueboys“ sind also weniger die Melodien und das präzise Songwriting. Frappierend ist der lockere Gestus, in dem Grave Pleasures ihre großen Dramen und kleinen Boshaftigkeiten präsentieren. Sänger Mat McNerney geht ganz in der Rolle als morbider Dandy auf, der den Geist von Oscar Wilde beschwört, um ihm eine sarkastisch kommentierte Führung durch die Abgründe des Menschseins anno 2023 zu geben. „When The Shooting’s Done“ ist nicht nur treibend und eingängig, sondern auch überaus elegant. „Lead Balloons“ nimmt den Fuß vom Gas und grüßt zu glamourösen Pop – göttern wie Bowie hinüber. Und doch bleibt immer dieser Rest an Reibung spürbar. Hier im Gitarrensound. Grave Pleasures mögen zwischendurch schwebend und stimmungsvoll klingen wie Echo & The Bunnymen, sie bleiben doch stets härter und kantiger. Unter dem Ohrenschmeichler „Imminent Collapse“ wummern Standtom und Bass. „Disintegration Girl“ treibt gestandenen Gothrockern mit viel Schmackes die Freudentränen in die Augen und mit dem fantastischen „Society Of Spectres“, lässt die Band die Zeiten des Debüts „Dreamcrash“ durchschimmern. Mitreißend klingt das in jedem Moment. Warum? Nun: Alles, was im Sinne der Kunst inszeniert wird, ist auch von Herzblut durchpulst. Hinter der Coolness steht echte Hingabe. Das garantiert, dass die clever zwischen 80er-Jahre-Tradition und zeitgemäßem Sound pendelnden Stücke nicht nur oberflächlich funktionieren, sondern nachhaltig unter die Haut gehen. Unwiderstehlich!
Christoph Kutzer