(Nuclear Blast/Warner)
Ganz so kunstbetont und hochintellektuell wie auf dem 2014.er Vorgänger „Tief.Tiefer“ galoppieren die Metal-Jockeys diesmal nicht ins Bewusstsein, obwohl auch der neue Stoff weit aus der Reihe reitet. Vor allem textlich geht es auf „Der rote Reiter“ so philosophisch versiert zu, dass es mich oftmals markant an Lindemanns Rammstein-Lyrics erinnert. Die nachhaltig ergreifende Semiballade „Ich nehm dir deine Welt“ beispielsweise geht richtig heftig unter die Haut, sobald man sich in die Zeilen vertieft hat, dass man ‚versteht‘. Auch die zwölf anderen Nummern sind im Großen und Ganzen archetypisch für die Weimarer. Kraftvoll-routiniertes Gitarrenkönnen mit vielerlei frischen Finessen, das Beinpaar zahnstark packende Rhythmik, angenehm griffige Melodiespiralen, verspielt perlende Keyboardzuckerstücke (fulminantes Tastensolo in „Franz Weiss“!) und mittendrin ein positiv aufregender Fuchs am Gesangmikrofon: Hymnisch akzentuierte, überlegte und schonungslos kritische Reitermania also, bewährtes Metal-Entertainment, das sich einmal mehr neu erfindet. Zwischendurch immer wieder aufgelockert durch andächtig-ruhigere, erfolgreich besinnende Passagen. Der mächtig marschierende, bullig getaktete und prophetisch inszenierte Titelsong wird im Gegensatz zum sonstigen Material in rabiater Grummelmanier gekehlt, wofür die gesamte Band auf der Bühne viel Ausdauer mitzubringen hat. Sturmgepeitschtes Seemannsflair setzt der partiell speedige Midtempobrecher „Brüder auf Leben und Tod“ frei, erinnert ebenfalls an Rammstein. Während letztere für meinen persönlichen Geschmack nach „Reise, Reise“ jährlich inhaltsleerer, begeisterungsloser und vor allem Business-geprägter wurden, da dürfen Die Apokalyptischen Reiter doch gerne auch ein gutes, schwermetallisches Stück näher an das NDH-Populär-Areal heranrücken.
Markus Eck
Veröffentlicht: 09/2017