Crematory
„Antiserum“
(Steamhammer/SPV)
Die mächtige deutsche Gothic Metal-Institution bleibt auch 2014. strikt auf unbeirrbarem Kurs. Inhaltlich Dünnes, verstiegen Artifizielles und künstlerisch Zerbrechliches überwalzt das Quintett mit sagenhafter Identitätsschwere. Was als „Apocalyptic Vision“ sphärisch, stimmungsvoll und synthetisch clever arrangiert beginnt, das schlägt nach etwas mehr als zwei Minuten über in individuellstes Crematory-Material. Auf „Antiserum“ noch immer mit ureigenem Klangbild am Start, bewegen sich die rekordverdächtigen Baden Württemberger Vorreiter wieder in elektronisch massiv konturierten Gefilden. Ohne die geringsten Anzeichen von gelangweilter Routine liefern Crematory mittels elf restlos ausgefeilten Kompositionen eine sagenhaft beglückende Frische, zu der man sie frenetisch beglückwünschen sollte. Die Melodien und Arrangements verleiten mich abwechselnd zum Abheben, Schwärmen, Träumen oder Nachdenken. Selbiges gilt auch für die mit deutscher und englischer Wortführung formulierten Texte, die teils sogar hypnotische Fatalismen verströmen können. Hinter Vokalist Felix Stass liegt beinahe ein Vierteljahrhundert Gesangspraxis. Ihm bei seinen exzellent songdienlichen Vorträgen zuzuhören, gestaltet sich für mich als Crematory-Follower der allerersten Stunde ebenso genussvoll wie faszinierend. Noch immer gilt also: Eine sehr gute alte Band, mit der man sehr gut alt werden kann. Wunderbar.
Markus Eck
Veröffentlicht: 03/2014