Nachdem „Viator“, das letzte Album der „Könige der Spielleute“, über Szenegrenzen hinaus Popularität genießen durfte, präsentieren uns die fünf Vogelfreien nun ihren neuesten Streich. Nach ausgiebigen Touren und diversen erfolgreichen Unternehmungen mit ihrem anderen Musikprojekt Tanzwut gibt es nun den neuesten Tonträger von Corvus Corax – „Mille Anni Passi Sunt“. Auch wenn seit „Viator“ nicht gerade 1000 Jahre vergangen sind, durfte man doch sehr gespannt sein, ob der Paradigmenwechsel, der durch das letzte Album vollzogen wurde, weiterhin richtungsweisend für Corvus Corax sein sollte. Und so ist es! Weiterhin gilt die Grundregel, nicht staubig-vertrocknet mittelalterliche Musik mit einzigem Blick auf pure Authentizität nachzuspielen, sondern den eigenen Geist in die Musik einfließen zu lassen. Bei weitem sind Corvus Corax keine Laien in Bezug auf Wissen und Verständnis über/ für die mittelalterliche Lebensweise und ihre Klänge. Und gerade wegen ihres Wissens dürfen sich Corvus Corax herausnehmen, eigene Interpretationen in die Ursprungsmelodien einfließen zu lassen und im Studio beispielsweise eine sonst eher unbedeutende Maultrommel in den Vordergrund rücken zu lassen. Auf selbstgebauten, historischen Instrumenten ist im eigenen Studio ein Album mit 14 Stücken entstanden, das von vorne bis hinten begeistert. Als besonderen Gag gibt es bei einem Lied tatkräftige Unterstützung für die anarchistischen Spielmänner – und zwar von niemand Geringerem als Rudolphe Vlad Dracula Prinz Kretzulesco, dem letzten Nachfahren von Vlad Tepes (auch als „Dracula“ in die Geschichtsschreibung eingegangen). Ein stimmiges Konzept, bewegen sich doch auch Corvus Corax ständig zwischen Nachleben des historischen Geistes und einer Legendenhaftigkeit, die sie letztendlich immer mysteriös und interessant erscheinen läßt. Nicht nur mitreißende Musik wird hier geboten – den Käufer dieses Silberlings erwartet auch noch ein integriertes Computerspiel, in dem man als Prinz Kretzulesco Punkte erspielen muß, indem man Feldermäuschen, Blutstropfen und Jungfrauen sammelt, den Silberkugeln und Pfählen aber tunlichst auszuweichen hat. Eine runde Sache – ein ausgereiftes Werk, dem man anmerkt, daß anderthalb Jahre daran gearbeitet wurde.
Veröffentlicht: 2000
2000 findest du Hier finest Sonic-Secucer Ausgaben aus dem Jahr 2000