Corde Oblique
„Per Le Strade Ripetute“
(The Stones Of Naples/Audioglobe)
Malerische Olivenhaine, saftige Zitronen, eine traumhafte Küste und die Schattenwelt der Camorra sind das Klischee, das nicht nur im Ausland das Bild von Süditalien prägt. Fragt man in Norditalien nach Kampanien, so wird die Antwort vermutlich auf das Verbrechersyndikat reduziert. Nord und Süd mögen sich nicht sonderlich, Vorurteile prägen das gegenseitige Bild. Fraglich ist, ob Corde Obliques „Per Le Strade Ripetute“ an dem lange gehegten Unbehagen gegenüber einander etwas ändern wird. Doch Neapolitaner Ricardo Prencipe, Gitarrist mit klassischer Ausbildung am Konservatorium und kreativer Kopf des Projekts, versucht sich auf dem Album als Aufklärer über die schönen Seiten seiner Heimat. Überwiegend auf Italienisch eingesungen und neoklassisch-folkig instrumentiert führen die zerbrechlichen Songs durch Kampanien mit seinen kulturellen Schätzen und der spektakulären Natur. Egal ob das ruhige Ambiente des wassergefluteten Tempio di Mercurio bei Baia („In The Temple Of Echo“), der Lago d’Averno von Pozzuoli („Averna“) oder die Brunnen von Caserta („Le Fontane Di Caserta“) – Prencipe versucht die Atmosphäre der unterschiedlichen Orte mit zahlreichen Gastsängerinnen in Musik zu fassen. Für „Heraion“, einer akustischen Reise in die Tempelruinen von Paestum, lud er sich passender Weise die griechischen Ethereal-Paten Daemonia Nymphe ins Studio, die das mediterrane Flair um eine Facette erweitern. Träumerisch und schwelgerisch muten die Lieder zuweilen an, fast so, als blicke Prencipe zu sehr durch die rosa Brille. Doch man nimmt ihm die Schwärmerei für Kampanien zu keiner Zeit übel. Die Region Italiens ist schön. Warum sollten die Songs es dann nicht auch sein? Und vielleicht steckt Prencipes Leidenschaft den Norden ja doch noch an.
Torsten Schäfer
Veröffentlicht: 11/2013