Chrysta Bell
„This Train“
(QQ5/JSM/Rough Trade)
David Lynch hat alle Hände voll zu tun. Vor allem mit seiner eigenen Musik für die in rascher Abfolge erschienenen Alben „Crazy Clown Time“ und „The Big Dream“, die nicht weniger verstörend waren als seine Filme. Zuletzt wurde ihm die Absicht angedichtet, das Fernsehserien-Meisterwerk „Twin Peaks“ im Kino fortsetzen zu wollen – was sich allerdings als Ente herausstellte. Erstens vermutlich besser so, zweitens hat Lynch nun mehr Zeit, sich als Produzent zu betätigen. Etwa für die texanische Sängerin Chrysta Bell, mit der er seit Jahren künstlerisch verbandelt ist – auf „This Train“ bisher am intensivsten. Bells Songs, die sowohl düsteren TripHop als auch verwunschenen Torch Song beschwören, setzt der Amerikaner mit einer glühenden Intensität und unheilvollen Atmosphäre in Szene, die wohl nur Liebhaber seiner Soundtracks in Gänze werden nachvollziehen können. Lynchs eigene musikalische Arbeiten sind gegen „This Train“ jedenfalls Wüsteneien maschinellen Verderbens, aus dem sich nur gelegentlich Harmonisches herausschält. „This Train“ hingegen erstrahlt dank magischer Stimme, gebürsteter Drums und sanft verhallender Twangs in kompletter Pracht und könnte in jeder mit Vorhängen bepuschelten Kaschemme aus „Blue Velvet“, „Mulholland Drive“ oder eben „Twin Peaks“ laufen. Und zwar, ohne dass Angelo Badalamenti das Geringste damit zu tun hat. Die Eulen sind nicht, was sie scheinen – dieses tolle Album schon.
Thomas Pilgrim
Veröffentlicht: 02/2014