Bequem waren die das Musicbiz seit Anbeginn hassenden Brooklyn-Urgesteine bekanntermaßen noch nie, aber ein derart starkes Album hatte ich ehrlich gesagt nicht mehr von den Jungs um Evan Seinfeld und Billy Graziadei erwartet. Gleich der Opener macht jede Form von Zweifel vergessen, denn „Sellout“ zeigt Biohazard in alter Tradition und greift textlich erneut ihre Problematik mit dem Musikgeschäft auf. Einen besseren Weg zum Abbau ihrer angestauten Wut hätten die Brooklyn Boys nicht finden können. Dieser dreieinhalbminütige Song ist ein wahrer Befreiungsschlag, der mit mörderischem Hüpf-Groove unterlegt die Moshpits der kommenden Shows zum Brodeln bringen wird. Nach drei weiteren Dampfwalzen erscheint bei „Unified“ dann mit Roger Mirü®t (Agnostic Front) der erste von vielen im weiteren Verlauf der Platte ihm nachfolgenden Gaststars. Angekündigt wird er als ÔÇÜGodfather of HardcoreÔÇÿ, und genau diesem Stil frönt die gesamte, zum Zeitpunkt der Aufnahme visuell idealerweise in weiße Rippunterhemden gekleidete Brotherhood. „Gone“ wird durch tribale Percussionunterstützung von Sepulturas Igor Cavalera verfeinert, „Letter Go“ kommt ohne Gastperformance aus, und „Last Man Standing“ holt mit Sen Dog von den hauptberuflichen Sportzigarettenrauchern Cypress Hill einen alten Bekannten auf die Bildfläche. Der Rapper, mit welchem 1994 schon der Crossover-Groover „How It Is“ zu einem Hit avancierte, sorgt auch bei seinem aktuellen Biohazard-Zusammenspiel für eine ausgewogene Einheit aus HipHop und amtlicher Metalinstrumentalisierung. Andere Gäste, die den eigens umgebauten Proberaum – nun Rat Piss Studio genannt – nahe der Brooklyn Bridge aufsuchten, waren Panteras Phil Anselmo, der bei „H.F.F.K“ mit Evan und Billy um die Wette brüllt, Slipknot, die „Domination“ mit Killerriffs zu einem aggressiven Wutbrocken veredeln, sowie Derrick und Andreas von Sepultura, welche „Trap“ zu einer gemeinen Falle mit Ohrwurmvirus formen. Highlight ist der abschließende Gastauftritt von Peter Steele, der das Intro zu „Cross The Line“ mit seiner gefühlvollen und unnachahmlichen Gesangcharakteristik zu einer absoluten Gänsehautnummer macht und für ungefähr eineinhalb Minuten Erinnerungen an das Type O Negative-Götterwerk „Bloody Kisses“ aufkommen läßt. Abgerundet wird „Uncivilization“ durch eine vorzügliche Produktion, die genauso satt und kraftvoll die Membrane zum Schwingen bringt, wie es die gekonnten Kompositionen voraussetzen. Sicherlich, eine Platte wie „Urban Discipline“ macht man nur einmal, dennoch: Gratulation an die New Yorker, die hier einigen Newcomerbands das Fürchten lehren. Bleibt nur zu hoffen, daß die Songs auch ohne Gäste live problemlos umzusetzen sind, aber davon können wir uns ja bei den „Tattoo The Planet“-Festivals überzeugen.
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