([PIAS] Coop/Mute/Rough Trade)
Seit Veröffentlichung des epochal ätzenden „A U R O R A“ sind rund drei Jahre ins Land gegangen, in deren Verlauf Ben Frost alles andere als untätig geblieben ist. Man denke nur an die Infernal-Operette „The Wasp Factory“ oder den Score zu „Fortitude“. Um der Gefahr des (in jedem Künstler harrenden) Selbstplagiats zu entgehen, hat sich der gute Mann für „The Centre Cannot Hold“ mit einem ebenso guten (Steve Albini) zusammengetan. Und ein der Spontaneität geschuldetes Bedrohungsszenario entwickelt, das der allgegenwärtigen Ohnmachtserfahrung traumatischen Biss verleiht. Auf Kommissionsbasis. Oder als Darlehen. Denn auf Zinsertrag, das macht Ben Frost hier mit der ihm eigenen Kaltschnäuzigkeit klar, braucht auf dieser Erde niemand mehr zu hoffen. Wie von mit mehrjähriger Verspätung sich schmerzhaft heiß ergießenden „Emanationen“ beiderlei Geschlechts durchzogen, lässt „The Centre Cannot Hold“ einen (inzwischen leider schon etwas zu gewohnt) garstigen Flow entstehen, der denjenigen Verwerfungen gewidmet sein könnte, die Grundbedürfnisse stets nur an Nahrungsketten und Reproduktionszwang ausrichten. Im Gedenken an einen Planeten, der seine ephemeren Bewohner sicher nicht nötig hat, um ein Bewusstsein zu entwickeln. Also: Hochgradig abrasiv wirksame und zugleich finsterste Gedanken anregende Musik, deren (Achtung Oxymoron!) wortloses Drama jeglicher Phantastik entbehrt.
Stephan Wolf
Veröffentlicht: 10/2017