My Indigo „My Indigo”
(BMG/Warner)
Sharon den Adel, diese wunderbare, charmante und beeindruckende Frontfrau von Within Temptation, ist zurück. Zwar (noch) nicht – wie ursprünglich geplant – mit einem neuen Within Temptation Werk, dafür mit einem außergewöhnlichen Album, das in einer Phase des Zweifelns, Haderns und Umbruchs entstand. Ein Album, das einen tiefen Blick in die Seele und das Gefühlsleben der Niederländerin gewährt, sah sie sich doch mit einer essentiellen Krise konfrontiert, die ihren bisherigen Rhythmus gewaltig auf den Kopf stellte und sie dazu zwang, sich selbst mehr denn je zu reflektieren. Aus jener Metamorphose ist das Projekt My Indigo entstanden. Jenes präsentiert Sharon von einer extrem persönlichen Seite: Die zehn Stücke auf ihrer Soloscheibe leben von einer reizvollen Ambivalenz; muten leichtfüßig, leidenschaftlich und fließend an, aber auch schwermütig, nachdenklich und sehnsuchtsvoll. Die Vokalistin scheint sich auf dieser Reise vollkommen zu öffnen und alles hinter sich zu lassen – und der Zuhörer gleitet mit hinab in ihre transparenten Gefühlswelten. Diese pure, emotionale Kraft zieht sich durch alle Songs und ist deutlich spürbar, was dafür sorgt, dass die Authentizität des Albums einen sofort packt und in den Bann zieht. Der innere Kampf, den Sharon mit sich selbst ausfochten musste, um wieder bereit für neue Inspiration und Kreativität zu sein, hat sich ausbezahlt: Die stimmgewaltige Schönheit zelebriert eine bewegende Bandbreite an Farben, Bildern und Emotionen, scheut sich dabei nicht, weit unter die Oberfläche zu greifen und düstere, aber auch schöne Passagen ihres Lebens in virtuose Form zu gießen. So entpuppt sich „My Indigo“ als bittersüße, melancholische Indie-Pop-Platte mit sphärischen Ethno-Einflüssen, bluesiger Nonchalance und lyrischem Tiefgang, die schon jetzt den Zauber des Sommers aufgreift, nicht ganz von dieser Welt scheint und etwas sehr Berührendes, sehr Besonderes ausstrahlt. Ob nun „Black Velvet Sun“, „Out Of The Darkness“, „Indian Summer“ oder „Lesson Learned” – jede Nummer geht ans Herz und zeigt einmal mehr das wahnsinnige Potential jener eindrucksvollen Künstlerin!
Jasmin Froghy
Rezension aus Sonic Seducer, Ausgabe 05/2018.