Hämatom „Lang lebe der Hass“

Erwartet das Unerwartete. Etwa „S.O.S.“, das mit schiebendem Beat, atmosphärischem Synthprogramming und singender Gitarre das Thema Mobbing angeht, während sich ganz in der Nähe Folgen die „Straßenbande 666“ tummelt, die sich mit fetter Gitarre an „My Sharona“ von The Knack anlehnt und richtig schön evil sämtliche Metallerklischees aufgreift.

Oder „Ein Freund“ mit seinen frechen Technopop-Einwürfen. Die Nummer fährt aber auch ein denkwürdig brachiales Riff auf. „Gaga“? Na sicher. Das bekennen die Franken nicht umsonst im gleichnamigen Song. Mucky Pup haben 1987 mal eine Platte namens „Can’t You Take A Joke?“ rausgebracht. Die Frage sollten sich Hämatom-Skeptiker unbedingt auch stellen. Ohne Humor ist „Lang lebe der Hass“ nicht zu (er)fassen. Auch nicht ohne die Fähigkeit, Doppelsinn zu erkennen.

Die Feinsinnigkeit darf hingegen ruhig unter dem Häkeldeckchen in der Nachttischschublade bleiben. Augenzwinkernd, rau aber herzlich lässt das Quartett die Sau raus. Mal im Kopfnickertempo, mal im Schweinsgalopp, wie bei „Lang lebe der Hass“, das genau den richtigen Leuten mehr als nur einen Mittelfinger zeigt. Grande Finale: „It’s Raining Beer“ featuring Saltatio Mortis. Was soll ich sagen? Ohne die ruhigeren Momente unter den Tisch fallen lassen zu wollen: Das hier ist das perfekte Festivalalbum für die Zeit nach der Festivalsaison.

Christoph Kutzer

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(KM)