Chelsea Wolfe „Hiss Spun“
(Sargent House/Cargo)
Es beginnt mit einer Rückkopplung und mündet in sich bleiern voranschleppende Gitarren. Und damit gibt der Song „Spun“ schon die ungefähre Richtung vor, in die sich Chelsea Wolfes fünftes Studioalbum „Hiss Spun“ bewegt. Nachdem man auf „Pain Is Beauty“ und „Abyss“ fast eine elektronische Poppigkeit in manchen Songs entdecken konnte, ist der Sound nun über weite Strecken wieder sperriger, mehr an verzerrten Gitarren und polterndem, basslastigem Schlagzeug orientiert – mehr Metal, mehr Wut. Die zärtlichen, zerbrechlichen Momente wie der Beginn von „Twin Fawn“, den Wolfe fast mädchenhaft singt, dienen nur dazu, einem anschließenden Zornesausbruch den Weg zu bereiten. Die folkigen Elemente treten also diesmal zurück, sie finden sich noch etwas stärker etwa in „Two Spirit“, wo sie jedoch auch zu einem schweren, tiefdepressiven Sound an- und wieder abschwellen. Wer gerne hört, wie Wolfes Stimme sich in ihre höchsten Höhen emporschwingt, während Gitarre und Bass bis auf die tiefste Talsohle hinuntergehen, wird „Hiss Spun“ feiern. Das Album ist bedrohlich, komplex – und womöglich so eigenständig, dass einem Vergleiche mit anderen Künstlern schwerfallen. Nur für Einsteiger in den Kosmos von Chelsea Wolfe dürfte es nicht ganz leicht zu erfassen sein.
Georg Howahl
Rezension aus Sonic Seducer, Ausgabe 10/2017.