Chaos Z „Ohne Gnade“ „45 Jahre ohne Bewährung“
(Alice In…/Broken Silence)
Es gibt nicht viele bekannte Punk-Bands aus Stuttgart, Chaos Z ist eine davon. Die von Discharge und GBH beeinflusste Hardcore-Band um die Brüder Andreas und Thomas Löhr existierte nur von 1981 bis 1984, war jedoch wegweisend wegen ihrer kompromiss- und erbarmungslosen musikalischen Härte und ihrer niederschmetternd dunklen, deutschsprachigen Texte. Die Wiederveröffentlichung von „Ohne Gnade“ besteht nicht nur aus diesem längst vergriffenen Album von 1982, sondern enthält außerdem die 1981-er EP „Abmarsch“ sowie die drei Samplertracks, die auf „Underground Hits I“ zu finden waren, und vier Songs vom „Ultra Hardcore Power“-Sampler, alles remastert. Insgesamt eine essentielle Neuauflage des Frühwerks einer der bis heute einflussreichsten deutschen Punk-Bands. Von „Krieg“ über „Rocker Billy“ und „Polizeistaat“ bis hin zu „Stuttgart über alles“ ist hier alles zu finden, was das tiefschwarze Punkerherz begehrt, auch „Alles ist grau“, mit dem sich schon eine Wende anzudeuten begann, die dann später zur Gründung von Fliehende Stürme führen sollte. Erster Teil des Vermächtnisses.
Teil 2 des Vermächtnisses von Chaos Z: „45 Jahre ohne Bewährung“. 1984: Zu den Einflüssen kamen nun auch solche von Joy Division hinzu, aus Chaos Z wurde bei gleicher Besetzung Fliehende Stürme. 1995 starb Thomas Löhr und sein Bruder Andreas veröffentlichte im Alleingang ein weiteres Chaos Z-Album. „45 Jahre ohne Bewährung“ klingt aber eher wie eine Art Bindeglied zwischen den Bands, wie eine Mischung aus Chaos Z und Fliehende Stürme. Melodischer als erstere, härter als letztere. Neben dem Re-Release im Originalartwork sind auf dieser Ausgabe die Samplerbeiträge von „Keine Experimente II“ und „Punkinvasion II“ zu finden sowie einige Livemitschnitte von bei Fliehende Stürme-Konzerte gespielten Songs von Chaos Z, etwa das grandiose „Ein Tropfen im Feuer“, das damals den Grundstein zum Wechsel von Chaos Z zu Fliehende Stürme legte und bis heute live zu den beliebtesten Stücken zählt. Zusätzlich liegt der Box ein Heft mit Interviews, Fanzineartikeln und der Bandgeschichte bei. Pflicht für alle, die sich für die dunkle Seite des Punk begeistern.
Karin Hoog
Rezension aus Sonic Seducer, Ausgabe 12/2016.