Azar Swan „Savage Exile“
(aufnahme + wiedergabe)
Während auf den Vorgängern „Dance Before The War“ und „And Blow Us A Kiss“ noch eingängige Melodien auf straightes Songwriting trafen, verschreiben sich Azar Swan, bestehend aus Zohra Atash (Ex-Religious To Damn) und Joshua Strawn (Ex-Blacklist), auf ihrem dritten Longplayer „Savage Exile“ nun völlig einer industriellen Dystopie, die in der heutigen Zeit trauriger Weise gar nicht mehr so unwirklich erscheint. Oder, anders gesagt, „Savage Exile“ offenbart, was bereits seit den Anfängen in dem ungleichen Duo schwelte: Es gibt keine Komfortzonen mehr, nichts ist einfach, alles ist anstrengend. „Anstelle von Melodien wollte ich den Rhythmus von Sprache oder Tierlaute als Basis, als Anker für die neuen Songs nehmen“, erklärt Zohra die Hintergründe des aktuellen Albums. „Nonlineare Klänge, die Rhythmik von Tyrannen, von Dummköpfen.“ Als beste Beispiele für diesen neuen, sperrigen Ansatz seien „Twilight Anesthesia“ und „Jungle Law“ genannt. Ersteres erinnert entfernt an The Klinik mit seinem Power Electronics-beeinflussten Post-Industrial-Minimalismus: Ein simples, aber beharrliches Bass- und Drum-Arrangement wird von Atashs wabernden Vocals nach vorne getragen. Zweiteres gebart sich geradezu prädestiniert für einen endzeitlichen Sci-Fi-Soundtrack, eine Undergroundhymne für den Weltuntergang, „We dance to the sound of sirens“ im Jahre 2018. Oder, anders zusammengefasst: US-Dark Techno à la Hospital Productions trifft auf europäischen, extrem unterkühlten, vom Kult-Label Galakthorrö inspirierten Industrial-/Angstpop – veröffentlicht auf dem Berliner Label der Stunde, aufnahme + wiedergabe. Ganz grandios.
Thomas Thyssen
Rezension aus Sonic Seducer, Ausgabe 02/2018.